Trichterfedern und Tuscheschreiber
Von Holger
Bommer
Wer früher, beruflich oder privat, Zeichnungen
mit exakten Strichstärken machen wollte oder mußte (z.B.
technische Zeichnungen), der hatte es nicht leicht. Exakte
und saubere Linien waren mit den früheren Zeichengeräten
(z.B. Ziehfedern) fast nicht hinzubekommen. Schließlich kam
ein schlauer Mensch darauf, die Tusche nicht über eine Federspitze,
sondern durch ein Röhrchen auf das Blatt fließen zu lassen.
Fortan war es möglich, exakt gleich starke Linien einfach zu
zeichnen. Diese Idee wurde immer weiter verbessert, bis schließlich
ein Zeichengerät dabei herauskam, dass mit einer Feder eigentlich
nur den Namen gemeinsam hatte: Die Trichterfeder.
Die Trichterfeder ist in gewissem Maße
ein Vorgänger des Tuscheschreibers. Sie ist ähnlich
gebaut wie das Vorderteil eines Tuscheschreibers. Das Interessante
ist der Halter: Die Klammer, in die die Trichterfeder eingeschoben
wird, ist stufenlos verstellbar. Dadurch kann man die Schreib-Zeichenhaltung,
die einem am angenehmsten ist, selbst bestimmen. Die Trichterfeder
bleibt immer in senkrechter Stellung, wodurch eine gleichmäßige
Strichstärke gewährleistet ist. Ein weiterer Vorteil ist,
dass man den Halter für alle Trichterfedern benutzen kann,
was Geld und Platz spart.
Ein wesentlicher Vorteil dieses Zeichenutensils
ist, dass man während des Zeichnens genau sieht, wie die
Linie verläuft und ob die Tusche unters Lineal läuft.
Dies liegt daran, dass die Hand nicht das Sichtfeld auf die Zeichenspitze
verdeckt, wie z.B. beim Tuscheschreiber, den man ja senkrecht halten
muß. Deswegen ist die Trichterfeder besonders geeignet zum Arbeiten
mit Schablonen, Linealen etc. Durch entsprechendes Schrägstellen
des Halters kann man sie auch zum Lettern und mit starken Einschränkungen
auch zum Zeichnen nehmen. Das Zeichnen und Lettern erfordert allerdings
durch die andere Haltung einiges an Übung!
Dadurch, dass sich die Trichterfeder
sehr leicht zerlegen läßt, kann man sie leicht reinigen.
Sie trocknet deshalb nicht so schnell ein, und wenn doch, läßt
sie sich selbst in eingetrocknetem Zustand zerlegen und wieder reinigen.
Schon allein durch die robuste Bauart ist dieses Zeichengerät
langlebiger als ein Tuscheschreiber. Doch wo Vorteile sind, gibt es
natürlich auch Nachteile:
Zum Freihandzeichnen ist die Trichterfeder
schwer zu nehmen, denn bei großen Strichstärken
muß man oft nachfüllen. Die Trichterfeder ist zudem schwer
zu bekommen, weil sie als veraltetes Zeichengerät gilt. Der Tuscheschreiber
ist in gewissem Maße ihr Nachfolger. Wer aber trotzdem interessiert
ist, kann ja mal im Zeichenbedarfsladen seines Vertrauens nachfragen
vielleicht haben sie ja noch welche im Lager. Es gibt die Trichterfedern
in den Strichbreiten von 0,35 bis 1,2 mm.
Tuscheschreiber
werden oft Rapidographen genannt dies ist der Markenname von Rotring-Tuscheschreibern.
Hier muß nicht ständig, wie bei der Trichterfeder, Tusche
nachgefüllt werden. Im Griff befindet sich ein wiederauffüllbares
Reservoir.Beim Freihandzeichnen ist der Tuscheschreiber aufgrund der
Koaxilität von Griff und Schreibkopf (zu deutsch: sie haben die
gleiche Achse) viel leichter zu handhaben wie die Trichterfeder. Bei
Linealen und Schablonen läßt sich mit ihm aber nicht so
exakt und sicher arbeiten, wie dies mit Trichterfedern geht. Durch
die senkrechte Schreibstellung des Tuscheschreibers ermüdet mit
der Zeit auch die Hand, wodurch man ihn doch nicht mehr so gerade
hält, wie es nötig wäre. Dies hat zur Folge, dass
die Qualität der Zeichnung darunter leidet, auch die Zeichenspitze
nimmt mit der Zeit Schaden.
Man sollte die Tuscheschreiber immer sorgsam
behandeln. Nach Gebrauch sollte man sie sofort schließen,
damit sie nicht eintrocknen. Werden sie längere Zeit nicht benutzt,
sollte das Tuschereservoir gellert und der Schreibkopf saubergespült
werden, um so ein Eintrocknen zu verhindern. Wenn die Linienstärke
ungleichmäßig wird, muß die Tusche gewechselt werden,
spätestens jedoch nach einem Vierteljahr. Im Winter bedingt durch
die trockene Heizungsluft muß man dies öfter tun.
Trocknet einem dieses Zeichengerät schließlich doch mal
ein, dann ist guter Rat und Hilfe teuer selbst wird man ihn nämlich
kaum noch zum Schreibern bringen. Bei mechanischen Reinigungsversuchen
bricht der enpfindlichste Teil des Tuscheschreibers, das unter Strichstärken
von 0,5 mm sehr dünne Regulier- und Reinigungsdrähtchen,
leicht ab. Beste Möglichkeit ist der Einsatz des, übrigens
nicht sehr teuren, Reinigers für Tuschefüller (Rotring Art.
585 280).
Wenn alles nicht hilft, gibt man sein Lieblings-Schreibwerkzeug
seinem Fachhändler, der das nötige Ersatzmaterial und die
Werkzeuge zur Hand hat, oder kauft einen neuen Tuscheschreiber.
Auch den Tuscheschreiber gibt es in allen technisch benötigten
Zeichenstärken ab 0,13 mm. Anfangs gab es den Tuscheschreiber
auch zum Aufziehen (wie die alten Füller). Ein solches Ding ist
aber noch anfälliger und kann einem bei Nichtfunktionieren sicherlich
den letzten Nerv rauben.
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