Papier
Von Niels
Kolditz
Als ob ich es nicht geahnt hätte: Jetzt
sitzen meine Leser mit dem für sie idealen Bleistift in der Hand
und warten auf einen Hinweis, worauf sie damit zeichnen sollen.
Nun, vor 3500 Jahren würde sich die Frage stellen, welches Holz,
welche Tontafel oder welchen Stein wir mit unserem Meißel bearbeiten
wollen. Dann aber kamen die Ägypter auf die Idee, das Mark des
Papyrus in hauchdünne Streifen zu schneiden, etwa 1 cm breit
und einen Meter lang. Diese legte man auf einer waagerechten Unterlage
bis auf eine Breite von 50 cm nebeneinander, dann kam darüber
im rechten Winkel dazu eine zweite Schicht von diesmal nur 50 cm langen
Streifen. Das Ganze wurde kräftig zusammen festgeklopft und ziemlich
lange getrocknet. Der Papyrus gab dem haltbaren Produkt den Namen:
Papier. Heute noch gibt es Schriften aus dieser Zeit. Soll ein Comic
also die Jahrtausende überdauern, wäre zu überlegen,
ob man ihn nicht während eines Ägyptenurlaubes auf nach
Originalrezeptur hergestelltem Material anfertigt.
1250 v. Chr. wurden in der heutigen Türkei
Tierhäute enthaart, mit Kalk gereinigt, auf einen Rahmen gespannt
und getrocknet. Anschließend schabte man eine Seite solange
mit einer Klinge ab, bis man darauf schreiben konnte: Pergament, benannt
nach der antiken Stadt Pergamon. Natürlich gab es auf der ganzen
Welt nicht so viele Tiere, wie die griechische und später die
römische Bürokratie benötigte, so dass sich unter
anderem auch aus diesem Grunde Papier und Bücher zu einem ausgesprochenen
Luxusartikel entwickelten.
Das änderte sich, als im Jahre 105 Tsai
Lun am chinesischen Hof Stofflumpen zerkleinerte und sie mit einer
Säure in Wasser auflöste. Diesen Brei strich er in
Schablonen, die das entsprechende Papierformat hatten, preßte
ihn in ihnen flach und trocknete ihn. War in den Schablonen ein Relief,
so war deren Motiv später als Wasserzeichen zu sehen. 1841 ersetzte
Friedrich Gottlieb Keller den Stoff durch Holz. Seit 1851 werden Holzschnitzel
unter Druck in konzentrierter Natronlauge gekocht, dieser Brei anschließend
auf riesigen Sieben entwässert, in Öfen getrocknet und mit
Stahlwalzen geglättet. Das Ergebnis ist Zellstoff. Mit 12 Millionen
Tonnen im Jahr ist Finnland übrigens zur Zeit der Welt größter
Papierhersteller, so dass der Slogan einer Firma: "Was immer
Sie lesen, Sie lesen es auf finnischem Papier" sicher zutrifft.
Von einem Luxusartikel kann daher keine Rede mehr sein, schließlich
wird sogar das ICOMintern auf Papier gedruckt.
Die Papier-DIN-Größen (DIN = Deutsche
Industrie-Norm, früher: Das ist Norm) stammen aus den 20er Jahren
und gehören zu den ältesten der Welt. DIN A0 bezeichnet
ein Papierformat von 1 m² Fläche mit einem Seitenverhältnis
von 1:1,414 (= 1:Wurzel 2), DIN A1 entsteht bei Halbierung. Die DIN
B- und DIN C-Größen sind Überformate, die ursprünglich
für Briefumschläge gedacht waren. DIN B ist in der Fläche
genau 1,414mal so groß wie DIN A, DIN C liegt genau zwischen
den beiden Größen. Ein A4-Original paßt also in ein
C4-Kuvert und ein C4-Papier in einen B4-Umschlag. In den USA hat man
andere Formate. Da zeichnet man in der Regel auf 25x37 cm (im grafischen
Gewerbe werden alle Maße Breite mal Höhe angegeben), Hal
Fosters "Prinz Eisenherz"-Originale messen sogar 61 x 86,5
cm. Skizzen, Entwürfe und unverbindliche Ideen können natürlich
in irgendeinem willkürlichen Format angelegt werden. Aber egal,
ob Illustration, Comic oder freie Arbeiten, wenn etwas veröffentlich
werden soll, sollte man sich nach Möglichkeit an das Seitenverhältnis
der DIN-Formate halten. Es vereinfacht und verbilligt die spätere
Drucklegung, denn alle Druckmaschinen sind auf die DIN A-Formate ausgelegt.
Am gebräuchlichsten ist es, im Format DIN A3 (29,7 x 42 cm) zu
zeichnen und dann auf DIN A4 (21 x 29,7 cm) herunterzuverkleinern.
Bei der Wahl des Formates sollte man auf jeden Fall beachten, dass
das Blatt gut zu reproduzieren ist (in Reprokameras lassen sich in
der Regel Vorlagen bis DIN A1, in Scannern bis DIN A2 bearbeiten,
die Objektträger der meisten Fotokopierer fassen maximal DIN
A3).
Papier unterscheidet man (nein, nicht nach
Geruch, Geschmack und Jahrgang) auch nach seiner Stärke.
Schreibmaschinenpapier hat zwischen 70 und 80 g/m 2, stabiler Zeichenkarton
über 200 g/m 2 . Es gibt natürlich auch die Möglichkeit,
die Vorzeichnungen auf Papier anzulegen, und die Reinzeichnungen dann
auf durchsichtige Transparente durchzupausen, wie sie auch Architekten
benutzen (80g/m 2 , ein Block kostet etwa 16.- DM). Benutzt man dazu
Filzstifte auf Alkoholbasis, kann man nämlich einfacher korrigieren
als auf Papier: Falsche Striche lassen sich mit einem Messer problemlos
nahezu unsichtbar abkratzen. Farbig kann man auf diesen Transparenten
allerdings nicht arbeiten. Dazu müßte man noch einmal Fotokopien
herstellen, z.B. auf 75g/m 2 -Markerpapier. Normales Kopierpapier
nimmt Farbe stark in sich auf und kann einem daher beim Colorieren
unter Umständen den ganzen Filzstift in kürzester Zeit leersaugen.
Die Oberfläche sollte auf alle Fälle immer glatt sein.
Ist das Papier zu rauh, kann es beim Zeichnen passieren, dass
nur die Erhebungen schwarz werden, die Vertiefungen und Poren aber
hell bleiben, dass Tusche verläuft oder gerade Linien zu
einer Berg-und-Tal-Bahn werden - nicht eben ideal für eine saubere
Druckvorlage.
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