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Urheberrecht - oder: Wie ich mir die Butter vom Brot nehmen lasse...
 

Urheberrecht und Nutzungsrecht

Von Jan Peters

"Ja, ich bin ein Kreativer und habe Spaß daran, kreativ zu arbeiten. Was kümmern mich da der Paragraphendschungel und die spitzfindigen Rechtsverdreher. Meine Arbeit ist gut, damit werde ich es auch so schaffen."


So oder ähnlich denken scheinbar viele Zeichner, Cartoonisten und Trickfilmer. Sie gehören damit zu der Gruppe von engagiert arbeitenden Kreativen, die bislang von den rechtlichen Grundzügen ihres Berufes soviel verstehen wie vom Liebesleben der Maikäfer. Sie vertrauen darauf, dass ihnen eines Tages der große Wurf gelingen wird und natürlich genau bei diesem Auftrag die Vertragsgrundlagen so gut sind und der Vertragspartner so fair ist, dass sie die Früchte ihrer Arbeit in vollem Umfang einfahren können.

Es gibt auch noch eine zweite Gruppe. Diese Kreativen sind nicht weniger unermüdlich und schaffensdurstig. Sie haben nur schon die eine oder andere herbe Enttäuschung mit ihren Auftraggebern hinter sich. Sie haben viel Lehrgeld dafür zahlen müssen, dass sie sich nicht etwas früher um ihre rechtliche Position gekümmert haben. Ihre Werke werden gut verkauft und es gibt Leute, die damit Geld verdienen. Nur derjenige, der das Werk geschaffen hat, hat außer "'nem Appel und 'nem Ei" bislang wieder einmal nichts erhalten. Diese Gruppe wird sich über kurz oder lang mit den rechtlichen Grundlagen befassen und vor dem gleichen Problem stehen wie die dritte Gruppe.

Jene Zeichner, Cartoonisten und Trickfilmer haben schon sehr schnell erkannt, dass das Wissen um einige Grundzüge in diesem Bereich genauso wichtig ist wie die Verwendung der richtigen Arbeitsmittel und Materialien bei der Arbeit. Das Problem stellt sich nur wie folgt: Woher bekomme ich einige Informationen, ohne gleich dicke, unverständlich geschriebene Bücher zu wälzen oder enorme Rechtsberatungskosten ausgeben zu müssen?

Genau hier will ich mit diesem Artikel über die rechtliche Seite ansetzen. Keine Angst, es soll keine unüberschaubaren juristischen Spitzfindigkeiten geben. Hier werden Probleme angesprochen, mit denen jeder, der im kreativen Bereich tätig ist - egal, auf welcher Seite er dabei stehen mag - zu tun hat. Dabei soll versucht werden, dem Leser ein wenig das juristische Handwerkszeug zu vermitteln, das er für die tägliche Arbeit braucht und das von Anfang an hilft, Selbstsicherheit zu geben, die eigene Position zu stärken und herbe Enttäuschungen zu verhindern.

Nehmen wir doch gleich einmal ein Beispiel: Dem talentierten und vor Ideen übersprudelnden Zeichner wird von einem Auftraggeber, z.B. einer Werbeagentur, ein Vertrag unter die Nase gehalten, in dem unter anderem vereinbart ist: "Sämtliche Urheberrechte gehen auf die Werbeagentur über". Hat der Zeichner - er will ja eigentlich nur den Auftrag und endlich zeigen, was er kann - noch den Mut, nach dem Sinn dieser Klausel zu fragen, so wird ihm erzählt, dieses sei normal und werde immer so gemacht. Oder wandeln wir den Fall ein wenig ab. Der Vertrag enthält überhaupt keine Regelungen über irgendwelche Rechte. Bei einem späteren Streit heißt es dann bei der Agentur: "Wieso Urheberrechte, die sind natürlich alle bei uns. Geld haben Sie doch schon bekommen!" Beiden Fällen ist eins gemeinsam: Es stimmt nichts, denn:

Urheberrechte kann man nicht übertragen!

Egal, wie unwissend oder unerfahren ein Zeichner ist und egal, wie unwissend oder gerissen eine Agentur ist: Urheberrechte bleiben immer beim Urheber und können nicht - auch nicht mit noch so schönen Vertragsklauseln - übertragen werden. Übertragen werden können nur die Nutzungsrechte, nicht aber die Urheberrechte.

Wenn man also einen solchen Vertrag sieht wie im ersten Beispiel oder Sprüche hört wie beim zweiten Fall, so ist auf jeden Fall immer Vorsicht geboten. Es bedeutet zwar nicht immer gleich, dass hier die eine Seite versucht, die andere über den Tisch zu ziehen. Häufig ist es ja auch Unwissenheit bei dem Auftraggeber, kombiniert mit dem Wunsch, sich möglichst wenig in die Hände des Vertragspartners zu begeben, die solche Vertragsklauseln oder mündliche Interpretationen entstehen lässt. Dennoch sollte man hellhörig werden und genau prüfen, ob es noch weitere Dinge gibt, die angeblich "selbstverständlich" sind, aber letztlich nur zu einer Unausgewogenheit des Vertrages führen sollen oder werden.

Denn über eines muss man sich im Klaren sein. Ein Vertrag ist nur dann sinnvoll, wenn er für beide Teile ausgewogen ist. Es hat ja keiner etwas dagegen, wenn der andere Teil Geld mit dem Geschäft verdient. Es darf nur nicht einseitig sein. Wo zwei Vertragspartner zusammenkommen und jeder seine Arbeit besteuert, müssen auch beide Teile ihren Nutzen daraus ziehen. Darauf den anderen Teil hinzuweisen, ist nichts Anrüchiges oder Schlimmes, sondern wirklich eine Selbstverständlichkeit.

Nutzungsrechte - oder: Womit verdient ein Künstler eigentlich sein Geld?

Auch wenn es vielen Künstlern gar nicht bewusst ist: die Regelung über die Nutzungsrechte an einem Werk (häufig auch Lizenzen oder Copyrights genannt) sind - zumindest was die finanzielle Seite betrifft - von entscheidender Bedeutung. Genau in diesem Bereich wird geregelt, in welchem Umfang ein Künstler sein Werk aus der Hand gibt und wofür und wie viel Geld er dafür erhält.

Bilden wir doch gleich einmal ein Beispiel, um die Problematik anschaulich zu machen. Der begnadete Künstler findet einen Auftraggeber, sagen wir einmal eine T-Shirt-Firma, welche zwar in der kleinen ländlichen Stadt allen unter 70-jährigen bekannt ist, aber noch nie ein T-Shirt außerhalb des örtlichen Dunstkreises verkauft hat. Diese T-Shirt-Firma möchte nun von unserem Künstler eine witzige Figur entworfen haben, um diese auf die T-Shirts zu drucken und so die Dorfjugend zu erfreuen und die Kasse klingeln zu lassen. Alle gehen von einem derartigen Geschäftsumfang aus. In dem Vertrag ist folgende grob skizzierte Regelung aufgenommen:

a) Der Künstler entwickelt und fertigt die Figur "Dorftolpatsch". Der T-Shirt-Firma wird das ausschließliche Nutzungsrecht an dieser Figur eingeräumt. Der Künstler erhält hierfür ein Honorar in Höhe von... - oder:

b) Der Künstler entwickelt und fertigt die Figur "Dorftolpatsch" für die T-Shirt-Firma. Er erhält hierfür ein Honorar in Höhe von... - oder:

c) Gar keine Regelung außer: Der Künstler erhält für die Figur "Dorftolpatsch" ein Honorar in Höhe von... - oder:

d) Der Künstler entwickelt und fertigt die Figur "Dorftolpatsch". Der T-Shirt-Firma wird an dieser Figur das einfache Nutzungsrecht eingeräumt, wonach die Firma berechtigt ist, in den nächsten zwei Jahren ab Vertragsunterzeichnung bis zu 5000 T-Shirts mit der Figur "Dorftolpatsch" zu bedrucken und diese in der BRD zu vertreiben. Der Künstler erhält hierfür ein Honorar in Höhe von.... Andere oder weitergehende Nutzungsarten sind nicht eingeräumt. Sollte dafür ein Bedürfnis bestehen, bedarf es einer neuen Vereinbarung, wobei der Künstler frei in der Eingehung einer solchen Vereinbarung ist.

So schön, so gut. Die ersten T-Shirts sind auf dem Markt, die Dorfjugend freut sich, und plötzlich - unsere modernen Kommunikationsmittel und -wege machen es möglich - wird die Kunde von der Figur in die große Stadt getragen, wo deren immenser Marktwert sofort erkannt wird und ein cleverer Berater zusammen mit der T-Shirt-Firma das große Geschäft aufzieht. Weltweit wird der "Dorftolpatsch" nun in Büchern, Zeitungen, auf Klamotten aller Art, Bechern, Anhängern etc. vertrieben. T-Shirt Firma und Berater werden reich, wollen aber alles für sich behalten. Frage: Was ist mit unserem Künstler?

Bei a-c): Der Künstler wird Schwierigkeiten haben. Die T-Shirt-Firma wird ihn auf den Vertrag hinweisen und sagen: "Was willst Du denn? An uns sind doch alle anschließenden Nutzungsrechte übertragen worden." (Fall a) oder "Aus unserem Vertrag ergibt sich doch eindeutig, dass dieses nun alleine unsere Figur ist." (Fall b) oder "Es ist doch klar, Du hast für uns gearbeitet, somit ist es unsere Figur, und der Vertrag sagt nichts Gegenteiliges aus." (Fall c) "Außerdem hast Du schon mehr als genug Geld von uns erhalten."

Bei d): Selbst die dickfelligste T-Shirt-Firma nebst Berater wird einräumen müssen, dass sie überhaupt nicht berechtigt war, mehr als 5000 T-Shirts in zwei Jahren in der BRD zu vertreiben und dass dem Künstler zumindest noch ein erheblicher Honoraranspruch zusteht.

Wodurch kommt die Einsicht in Fall d)? Ganz klar. Vertraglich war die Übertragung des Nutzungsrechtes eindeutig bestimmt nach zeitlichen (2 Jahre), räumlichen (BRD) und inhaltlichen (nur T-Shirts, maximal 5000 Stück, einfaches Nutzungsrecht) Kriterien. Die konkreten Vereinbarungen haben der Firma keinen Raum mehr für anderweitige Behauptungen gelassen. Anders in den Fällen a-c). Dort ist zwar längst noch nicht alles verloren und die Argumente der Firma sind nicht sehr überzeugend, aber der Künstler wird seine Schwierigkeiten haben. Es ist zwar grundsätzlich so, dass die Übertragung von Nutzungsrechten an den Auftraggeber sehr zurückhaltend angenommen wird und zu Gunsten des Künstlers davon ausgegangen wird, dass Nutzungsrechte im Zweifel bei dem Künstler verbleiben, wenn deren Übertragung nicht ausdrücklich geregelt worden ist.

Der Künstler wird aber in der Praxis häufig enormen Problemen gegenüberstehen (Kampf gegen eine große Firma; Schwierigkeiten, den Auftragsumfang nachzuweisen; hohe Kosten bei Anwälten und Gerichten...) Um diese Probleme zu vermeiden, sollten die Verträge möglichst genau formuliert werden und sich der Umfang der Übertragung der Nutzungsrechte daraus genau ersehen lassen. Die Konkretisierung der Übertragung der Nutzungsrechte in jeder Hinsicht ist nicht nur möglich, sondern gerade beabsichtigt und erwünscht, um klare Verhältnisse für beide Parteien zu schaffen. Jede Seite soll erkennen, welche Rechte sie hat und wo die jeweiligen Grenzen sind.

Die Konkretisierung kann sehr detailliert vorgenommen werden und sollte zumindest Regelungen darüber enthalten, ob ein ausschließliches Nutzungsrecht (das heißt: der Urheber darf außer seinem Vertragspartner keinem anderen ein Nutzungsrecht einräumen, der Vertragspartner seinerseits darf aber Dritten noch Nutzungsrechte einräumen) oder ein einfaches Nutzungsrecht (das heißt: auch andere Personen oder der Künstler selbst dürfen das Werk noch - gegebenenfalls aber nur in anderen Bereichen - nutzen) eingeräumt werden und somit bestimmen, welche zeitlichen, räumlichen und inhaltlichen Grenzen gesetzt sind.

Weitere Informationen über Rechtsfragen, Vertrage und Honorare finden sich im
ICOM-Ratgeber Honorare von Christof Ruoss.