COMIC!-JAHRBUCH 2018 |
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Eigentlich hatte ich gedacht, daß ich mich in der letzten Zeit etwas vom Trickfilm entfremdet hatte. Der Overkill um diese gar nicht so komischen Minions etwa geht mir noch mehr auf den Keks als die Pinguine aus Madagascar (daher keine Besprechung zu «Ich Einfach unverbesserlich 3»). Auch der Kinobesuch von «Cars» geriet eher zur Pflichtübung und weckte wehmütige Erinnerungen daran, daß Pixar einst ein animiertes (und animierendes) Meisterwerk nach dem anderen produziert hatte. Doch es bleibt der Spaß an den immer noch in 2D realisierten Filmen der Reihe DC Universe Animated Original Movies oder an liebevollen Heimkino-Editionen von Stop-Motion-Klassikern des Monster-Machers Ray Harryhausen. Erfreulich ist auch, daß das Studio Ghibli weitermacht. Ich denke, ganz loskommen vom Trickfilm werde ich nie.
Hier einige Anmerkungen zu subjektiv ausgewählten Kino-Trickfilmen und zu DVD/Blu-ray-Premieren des letzten Jahres.
Batman: Return of the Caped Crusaders
von Rick Morales
USA 2016
Außerhalb der mittlerweile auf knapp 30 Zeichentrickfilme angewachsenen Reihe DC Universe Animated Original Movies entstand mit «Batman: Return of the Caped Crusaders» ein Animationsfilm, der auf der klassischen TV-Serie aus den 60er Jahren basiert. Als Synchronsprecher standen die Original-Darsteller Adam West, Burt Ward und Julie Newmar als Batman, Robin und Catwoman zur Verfügung. Genau wie bereits in der 2016 gestarteten Comic-Reihe Batman ’66 wird ungeniert und voller Enthusiasmus die Liebe zur legendären Trash-Serie zum Ausdruck gebracht. Wie schon im parallel zur Serie entstandenen Kinofilm «Batman hält die Welt im Atem» fungieren die Fearsome Foursome als Gegner des dynamischen Duos. Doch so richtig bedrohlich sind Joker, Riddler, Penguin und Catwoman auch hier natürlich nicht. Dafür ist der Spaßfaktor beträchtlich, und Fans der mittlerweile legendären TV-Serie werden ihre Freude an zahlreichen Insider-Jokes und dem computeranimierten Batmobil haben. Besonders schön ist es, wenn im Nachspann Batman und Catwoman ziemlich entfesselt erst alleine und dann gemeinsam tanzen. Ein weiterer Batman-Trickfilm, in dem William Shatner Two-Face seine Stimme leiht, wird folgen. Adam West konnte seine Texte noch einsprechen, bevor er am 9. Juni 2017 verstarb.
Batman und Harley Quinn
von Sam Lui
USA 2017
Der 29. Film der Reihe DC Universe Animated Original Movies geht ganz weit zurück in die Historie des Superhelden-Zeichentrickfilms. 1992 tauchte in der Episode «Joker’s Favor» der genialen TV-Serie «Batman The Animated Series» eine attraktive Dame im Harlekin-Kostüm auf. Sie gehörte zur Bande des Jokers und verfügte über mehr Humor als Batmans wohl gefährlichster Gegner, was in einer komplizierten Beziehung resultierte. Im Comic «Mad Love» lieferten Harley Quinns geistige Väter Paul Dini und Bruce Timm 1994 eine durchaus tragische Entstehungsgeschichte nach. Hier war zu erfahren, daß die kostümierte Dame die Psychologin Dr. Harleen Frances Quinzel ist, die in der Irrenanstalt Arkham Asylum vom Joker verführt wurde und zur dunklen Seite der Macht überlief. Mit so einer schillernden Figur lassen sich unzählige Geschichten erzählen, was mittlerweile nicht nur im Trickfilm, sondern auch im Comic oder im Kino mit «Suicide Squad» geschehen ist. Aktuell trägt Harley keine Narrenkappe mehr, sondern ihr Haar in Form von verrückt gefärbten Rattenschwänzen.
Bruce Timm startete 2007 mit «Superman: Doomsday» eine Reihe von Zeichentrickfilmen, die ihre Premiere auf DVD und Blu-ray erleben und sich näher an den Comic-Vorlagen orientieren, als die meisten Realfilme mit Superhelden. Für Batman und Harley Quinn hat Timm sich stärker als ansonsten in letzter Zeit innerhalb der Reihe engagiert. Er fungierte nicht nur als Produzent, sondern auch als Autor. Timm wollte Harley Quinn zwar wieder in ihrem klassischen Kostüm, doch ohne den Joker, auftreten lassen. Stattdessen versucht sie auf der Seite von Batman und Nightwing, ihre alte Freundin Poison Ivy zu bekämpfen. Das Resultat ist (inklusive eines Vorspanns in Pink-Panther-Look) sehr stylisch in Szene gesetzt, wirklich sehr komisch, wenn sich die Geschichte auf die menschlichen Schwächen des Trios Batman, Nightwing und Harley konzentriert, jedoch nur mäßig spannend, wenn Poison Ivy gemeinsam mit dem nervigen Floronic Man finstere Pläne in den Sümpfen von Louisiana schmiedet.
Als nächstes darf man sich bei den DC Universe Animated Original Movies auf eine Adaption des von Mike Mignola gezeichneten Elseworld-Comic «Gotham by Gaslight» freuen. Hier jagt Batman in einem viktorianischen Gotham Jack the Ripper!
Cars 3
von Brian Fee
USA 2017
Bis 2011 war für mich jeder Pixar-Film ein Erlebnis. Die Liebe der Macher zum Medium Trickfilm und der Spaß am Geschichtenerzählen war jederzeit spürbar. Selbst Fortsetzungen wie etwa der ebenso spannende wie zutiefst rührende «Toy Story 3» verblaßten nicht hinter den Originalfilmen. Entsprechend groß war die Freude, als ich erfuhr, daß Pixar-Mastermind John Lasseter (gemeinsam mit Co-Regisseur Brad Lewis) «Cars 2» in Szene setzen würde. «Cars» ist immer noch einer mein Lieblings-Pixar-Filme, obwohl ich mit Autos ansonsten nicht viel am Hut habe, doch die Blechkumpels aus dem Wüstenkaff Radiator Springs habe ich ganz fest ins Herz geschlossen. Einzige Schwäche von «Cars» sind die zwar sehr rasant, aber auch etwas steril in Szene gesetzten Autorennen am Anfang und am Ende des Films. Da «Cars 2» neben einer ebenfalls sehr actionlastigen Spionagegeschichte fast nur von einem Welt-Grand-Prix-Rennen erzählt, das in Japan, Italien und England durchgeführt wird, bleibt kaum Raum für den ganz speziellen Charme der schrulligen Autos. Für mich war «Cars 2», der erste Pixar-Film, der mich emotional völlig kalt ließ.
Daher bin ich elf Jahre später auch nicht gerade mit großer Vorfreude in «Cars 3» marschiert. Offensichtlich mußte einmal wieder Werbung gemacht werden, um zu Weihnachten noch mehr Spielzeug-Autos zu verkaufen. Die Story um den in die Jahre gekommenen Rennwagen Lightning McQueen, der es allen noch einmal zeigen und den Piston-Cup gewinnen möchte, ist ein ziemlich schwacher Aufhänger. Doch es ist zu bewundern, mit welcher Ernsthaftigkeit und optischer Brillanz diese an die «Rocky»-Filme erinnernde Geschichte erzählt wird. Irgendwie spannend ist das schon, doch der Humor bleibt dabei ziemlich auf der Strecke.
Etwas Linderung bietet der Vorfilm «Lou», der von einer mysteriösen Kiste erzählt, in der sich die Dinge befinden, die Schulkinder liegen gelassen haben. Diese Dinge entwickeln ein Eigenleben und bringen dem Schulrüpel J. J. Manieren bei. Das alles ist recht originell anzusehen und verfügt über mehr Pixar-Charme als der technisch perfekte Hauptfilm.
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COMIC!-Jahrbuch 2018
Artikel, Interviews, Analysen, Porträts... November 2017
Format: DIN A4 Umfang: 264 Seiten, davon 26 redaktionelle Farbseiten
Preis: EUR 15,25 ISBN 978388834-948-5
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