COMIC!-JAHRBUCH 2018 |
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Schweizer Humor
Interview mit Heinz «Pfuschi» Pfister
Von Burkhard Ihme
COMIC!: Wie sah die Schweizer Comic- und Karikaturwelt in deiner Jugend aus?
Pfuschi: Zu Weihnachten erhielt ich manchmal das neuste «Globi»-Buch, eine erfolgreiche Schweizer Comicfigur, gezeichnet als «Papagei-Mensch» und verlegt durch das bekannte Warenhaus Globus. Viel lieber jedoch lieh ich mir von einer zweisprachigen Nachbarsfamilie die Abenteuer von «Tintin» aus. Damals gab es die Comics von Hergé noch nicht auf Deutsch und so las ich fasziniert und angestrengt die französischen Sprechblasen und erlernte nebenbei ein bißchen diese Fremdsprache. Von Micky Maus waren mir damals die «Donald Duck Heftli» bekannt. Diese waren in der Schule verpönt, und so tauschten wir sie im Geheimen untereinander aus.
COMIC!: Das klingt nicht nach sehr viel. Du hast deine Kindheit demnach überwiegend in Freien mit Indianer- und Wilhelm-Tell-Spielen verbracht?
Pfuschi: Kann sein, daß ich Fix und Foxi vergessen habe; aber was heißt da «klingt nicht nach sehr viel»? Hergé hatte schon mehrere Bücher herausgegeben, und die mußte ich alle aus dem Französischen übersetzen. Wort für Wort. Und das brauchte seine Zeit ....... Aber es stimmt: Ich war meistens im nahen Wald oder auf dem Fußballplatz anzutreffen. Und im Winter las ich dann Karl May. Aber der hat ja keine Comics gezeichnet!
COMIC!: Hast du eine Ausbildung zum Illustrator oder Graphiker gemacht?
Pfuschi: Nein! Ich machte eine kaufmännische Lehre in einer Eisenwarenhandlung, arbeitete in Genf und England, später in der Pharma-Industrie in Basel. Kunst interessierte mich immer, und so besuchte ich Kurse an Kunstschulen, erlernte auch das Radieren und war in Basel an der Eröffnung einer Galerie beteiligt. Ich zeichnete immer mehr Cartoons, wurde immer öfter für Arbeiten angefragt und kam so nach und nach zu bezahlten Aufträgen. 1979 entschied ich mich zur Selbständigkeit. Es folgten sieben magere Jahren, bis ich endlich von meiner Kunst gut leben konnte.
COMIC!: Bezahlte Aufträge für Cartoons? Wie darf man sich das vorstellen? Keine Cartoons, die man den Zeitungen anbietet, sondern Produktion nach Anfrage?
Pfuschi: Aus Honorargründen habe ich meine Cartoons den Zeitungen nie selber angeboten, da diese erfahrungsgemäß ein Minimum bezahlen. Befriedigender ist es, wenn der Kunde eine Arbeit von mir will. Ich schreibe dann eine Offerte und verlange einen meiner Arbeit entsprechend angemessenen Preis.
COMIC!: Und wie sieht das dann praktisch aus? Haben die Auftraggeber konkrete Vorstellungen über das Thema oder sogar die Pointe, oder heißt das einfach nur «Titelillustration»? Und kommen nur Presseredaktionen auf dich zu oder auch Firmen und Privatleute? «Zeichnen Sie bitte unsre 27köpfige Hochzeitsgesellschaft, aber ganz in ihrem Stil und so, daß man jeden erkennt!»?
Pfuschi: Meine Auftraggeber (Firmen, Redaktionen) haben in der Regel (und zum Glück) weder Ideen noch Pointen im Kopf, sondern möchten einfach Cartoons, die ihre Texte und Aussagen unterstreichen und dabei helfen, dass diese auch gelesen werden. Keine Ahnung, wie oft ich bereits Zielsetzungen für Firmen illustriert habe. Da sich in jeder Zielsetzung erfahrungsgemäß noch zwei, drei weitere verstecken, ist es keine einfache Sache, die Probleme zu erkennen und auf einen Nenner zu bringen, bzw. zu zeichnen. Glücklicherweise klappt es meistens: ein Ziel = ein Cartoon. Karikaturen zeichne ich keine, kann es auch nicht und lehne Aufträge wie z. B «Chef wird pensioniert» ab. Was ich jedoch mit Begeisterung und Freude mache, ist das Live-Zeichnen. Seit über 16 Jahren begleite ich Kongresse und Tagungen cartoon-kritisch und zeichne das Gehörte, Zuvielgemeinte und Ungesagte live über den Beamer ins Plenum.
COMIC!: Sind die Denksportaufgaben, die du zu Weihnachten an Freunde und Bekannte schickst, Teil deines beruflichen Alltags oder nur ein Jahresendhobby?
Pfuschi: 2015, mit 70 Jahren, verschickte ich zum letzten Mal ein Rätsel an meinen Freundes- und Bekanntenkreis. Sämtliche Rätsel habe ich über viele Jahre für eine Firma gestaltet, und jedes jeweils zum Jahreswechsel meinen privaten Zwecken entsprechend angepaßt. Heute bin ich froh, diese Tradition beendet zu haben: mir gingen die Rätsel aus ...
COMIC!: Hast du dich bewußt für die Karikatur und gegen den Comic entschieden?
Pfuschi: Meine großen Vorbilder waren und sind immer noch «Bosc», «Sempé», «Topor» und «Steinberg». Alles Künstler, die mit einzelnen bis wenigen Bildern eine pointierte Geschichte auf einen Blick erzählen. Das war und ist auch mein Ziel, reduziert auf das Wesentliche, kein Strich zuviel. Ich muß gestehen, daß mein einziger kleiner Comic-Versuch in einer Kapitulation endete. Ich lese und liebe Comics, bin ein regelmäßiger «Fumetto»-Besucher und verfolge die Comic-Szene dank ICOM und Comixene.
COMIC!: Die Schweizer Cartoonszene ist in Deutschland wenig bekannt, sie scheint sich aber um das legendäre Magazin NEBELSPALTER zu gruppieren (so wie das in den jetzigen neuen Bundesländern um die Satirezeitschrift EULENSPIEGEL geschah). Und dann kenne ich noch Zytglogge und Jürgen von Tomëi (den allerdings vor allem wegen seiner Karikaturen von Liedermachern). Kannst du uns in die geheimnisvolle Welt des gezeichneten Schweizer Humors einführen?
Pfuschi: Diese geheimnisvolle Welt steht in meiner heutigen Wahrnehmung auf sechseinhalb Säulen und ist so geheimnisvoll nicht:
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COMIC!-Jahrbuch 2018
Artikel, Interviews, Analysen, Porträts... November 2017
Format: DIN A4 Umfang: 264 Seiten, davon 26 redaktionelle Farbseiten
Preis: EUR 15,25 ISBN 978388834-948-5
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