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COMIC!-JAHRBUCH 2017

Von Brücken und Gräben
Interview mit der Manga-Beraterin des Erlanger Comic-Salons, Martina Peters

Von Kristina Auer


Martina Peters, Jahrgang 1985, ist seit 2001 aktiv in der deutschen Mangaszene tätig. Seit 2006 erscheinen ihre Comics im Mangastil bei verschiedenen Verlagen. 2014 wurde ihre "Boys Love"-Mangaserie "TEN" (Cursed Verlag) für den Max und Moriz-Publikumspreis nominiert. Das Sequel zu "KAE", Seriendebut und erste Verlagspublikation der Comiczeichnerin und Illustratorin, lieferte sich dabei ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Marvin Cliffords humoristischem Webcomic "Schisslaweng". Den Preis gewann Peters damals nicht. Stattdessen setzte Hella von Sinnens umstrittene Anmoderation zu "TEN" eine Kontroverse in Gang, die nicht nur bei den Veranstaltern des Erlanger Comic-Salons zu einem Umdenken geführt hat.


COMIC!: Der Internationale Comic-Salon in Erlangen ist das wichtigste Event der Comic-Szene im deutschsprachigen Raum. Mit dir haben die Organisatoren in diesem Jahr erstmals offiziell eine Manga-Beraterin mit an Bord geholt. Wie kam es dazu, daß eine solche Stelle geschaffen und du für diesen Job ausgewählt und engagiert wurdest?

Martina Peters: Vor mir hat das mehr oder weniger Wolfgang "WolfE" Schütte gemacht. Aber ich weiß nicht, inwieweit er da dieselbe Position hatte wie ich oder ob er dafür auch etwas bekommen hat.
Also, warum die Stelle genau geschaffen wurde ...? (Überlegt.) Ich glaube, das liegt daran, daß denen vom Erlanger Comic-Salon inzwischen klar ist, daß der Manga-Bereich zu groß ist, als daß man ihn links liegenlassen kann. Und ich glaube, daß auch der Wille da ist, den Manga-Bereich miteinzubeziehen. Denn es ist ja auch nur Comic, auch wenn da viele bunte und laute Leute in der Szene unterwegs sind, die vielleicht auch zu jung und ein bißchen zu fremd sind für die alteingesessenen Comic-Leser, -Zeichner und so.
Ich glaube sogar, daß in Erlangen schon früher der Wille da war, Brücken zu schlagen, daß man in Wahrheit vorher nur zu wenig Ahnung von der Materie hatte. Mit wem müssen wir sprechen? Welche Zeichner müssen wir ansprechen? Und so weiter ... Dafür haben sie einfach jemanden gebraucht, der da mit drinsteckt, um ihnen zu helfen. Die offizielle Anmeldephase vom Comic-Salon in Erlangen, also von diesem Independent- und Aussteller-Bereich, haben wir bisher gar nicht mitgekriegt. Es gibt mittlerweile echt wahnsinnig viele Manga- und Anime-Conventions, so daß es schwer ist, neben der eigentlichen Arbeit auch noch die Comicsachen im Auge zu behalten.
Ja, warum ich jetzt ausgewählt wurde, liegt eigentlich mehr oder weniger auf der Hand (lacht): Es ist halt eben die Sache, die damals mit Hella von Sinnen bei der Max-und-Moritz-Gala 2014 passiert ist. Danach haben einige Verlage eine Entschuldigung des Comic-Salons gefordert, drei Wochen später wurde von Festivalleiter Bodo Birk ein Entschuldigungsbrief verbreitet, bei dem ich zuvor gefragt wurde: "Dürfen wir das so veröffentlichen?" Ich habe dem zugestimmt – allerdings mit dem Zusatz: "Aber, ich hätte da noch ein paar Punkte, die ich besprechen möchte." Und daraufhin habe ich fast ein ganzes Jahr von Bodo Birk nichts gehört, und ich war eigentlich schon der festen Überzeugung, da kommt auch nichts mehr. Im Oktober letzten Jahres bekam ich dann eine Mail von ihm, in der er mich um ein persönliches Gespräch bat. Im November haben wir uns zusammen an einen Tisch gesetzt und über die ganze Sache geredet, und er sagte mir, daß sie, wie im Entschuldigungsschreiben schon angemerkt, gerne mit mir zusammenarbeiten würden.

COMIC!: Und wie kann man sich die Tätigkeit vorstellen? Was waren denn deine Aufgaben?

Martina Peters: Eine meiner Aufgaben war das Kuratieren der Ausstellung "Spotlight: Manga – Neues aus der deutschsprachigen Szene", die in der Ladengalerie Neustädter Kirchenplatz 2 und der Ladengalerie Apothekergasse gezeigt wurde. Eine andere Aufgabe war das Einladen und Betreuen der Manga-Zeichner im Independent-Bereich. Ich war dafür zuständig, daß sie ihre Anmeldungen gut hinkriegen und alle für Programmheft und Website benötigten Informationen liefern. Dann, während der Con bin ich halt auch andauernd rumgelaufen und habe geguckt, ob es den Zeichnern gutgeht, ob sie irgendwas brauchen oder Fragen haben. Da kam dann so was wie: "Dürfen wir Musik spielen?", und ich habe das dann direkt mit dem Orga-Team geklärt. Denn die Zeichner kommen ja von ihren Tischen nicht so einfach weg.
Dazu kamen die Manga-Workshops ("Paneling", "Manga für Anfänger") und Podiumsdiskussionen ("25 Jahre Manga in Deutschland", "Boys Love zwischen Stereotyp und Subversion", " meets Manga" und "Manga X Comic"). Die Themen sollte ich mir ausdenken und vorstellen und dann die Referenten und Podiumsteilnehmer einladen.

COMIC!: Das klingt auf jeden Fall umfangreich. Wann hast du denn da überhaupt mit der Organisation angefangen?

Martina Peters: Ursprünglich sollte es schon im Januar losgehen. Im Endeffekt angefangen haben wir auf der Leipziger Buchmesse, wo ich das erste Mal die Annika Gloystein kennengelernt habe. Sie war dann mein Ansprechpartner in Erlangen und sie hat auch mit mir zusammen die Ausstellung konzipiert bzw. dann auch kuratiert. Ursprünglich sollte ich im Januar auch von Erlangen offiziell als Manga-Beraterin vorgestellt werden. Das ist dann irgendwie so ein bißchen untergegangen.

COMIC!: Was ist denn deine persönliche Bilanz als Manga-Beraterin? Was ist dir vom diesjährigen Salon am meisten im Gedächtnis geblieben?

Martina Peters: Die Ausstellungen – und meine schmerzenden Füße, weil ich eigentlich die ganzen Tage auf Achse war. Eine Bilanz zu ziehen ist schwierig, da ich nur einen Salon zum Vergleich habe, den vom vorletzten Jahr, der schlechter nicht hätte laufen können – mal abgesehen davon, daß ich eigentlich überhaupt nicht hinwollte – und dann diesen, der wirklich richtig schön war. Sicher, ich war die Manga-Beraterin, d. h. ich habe alles mitbekommen, was irgendwie mit Manga zu tun hatte, aber ich hatte auch allgemein das Gefühl, daß es dieses Jahr wesentlich mehr Manga gab als sonst.

COMIC!: Meinst du damit, es war ein größeres Gleichgewicht vorhanden?

Martina Peters: Ja. Also, natürlich habe ich nicht die Ambitionen, aus dem Comic-Salon einen Manga-Salon zu machen. Um Gottes Willen! Aber es war einfach eine positivere Haltung gegenüber Manga spürbar als beim letzten Mal und wohl auch in den Jahren davor – zumindest vom Veranstalter her. Der Veranstalter ist nicht für das Gedankengut der Besucher oder Comicmacher oder alteingesessener Comicfans oder sonst wem zuständig, aber zumindest dafür, daß vom Salon selbst jetzt das Zeichen gesetzt wurde, daß der Manga dazugehört.

Auf den Geschmack gekommen?
Weiterlesen im COMIC!-Jahrbuch 2017
Links zum Artikel

Interview mit Melanie Schober
Interview mit Hella von Sinnen
Der Entschuldigungsbrief
Sakura 17
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November 2016
Format: DIN A4
Umfang: 224 Seiten, davon 60 redaktionelle Farbseiten
Preis: EUR 15,25
ISBN 978–3–88834-947-8
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