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COMIC!-JAHRBUCH 2010

Preisträger 2009 Bester Kurzcomic:
«Raues Sitten» von Leo Leowald

Interview von Klaus Schikowski

Papa, warum zeichnest du dich mit Schnabel?
Eine Interviewcollage aus drei Gesprächen zwischen 2005 und 2009

COMIC!: Nachdem mit «Elementartierchen» ein Band mit einer Auswahl deiner Tagebuchstrips von der Seite www.zwarwald.de veröffentlicht wurde, hattest du dich für einen zweiten Band einem neuen Konzept unterworfen. Was war die Idee dahinter, nicht schon wieder eine Auswahl zu treffen und ein Sammelsurium zu veröffentlichen, sondern ein Babybuch zu machen?

Leo Leowald: Zum einen, sich nicht zu wiederholen, also einen Mischmasch herausschleudern, den es im Netz schon gibt. Obwohl ich nicht unbedingt ein Babybuch machen wollte, gab es schon im ersten Band die Idee, das Kind herauszuhalten. Als ich «Elementartierchen» gemacht habe, da gab es Hektor schon, und auch einige Comics, die durchaus reingepaßt hätten. Aber dann dachte ich mir, das verwahr ich mir lieber, man soll ja auch nicht zu viele Figuren auf einmal einführen. Das habe ich dann mit dem zweiten Band gemacht, wo die Figur erst einmal richtig eingeführt wird. Das war der Gedanke dahinter.

COMIC!: Für mich als Vater war das Schöne an «Raues Sitten» auch die Kinderwelt, die du porträtierst, mit dem Doyen Fredrik Vahle («Anne Kaffeekanne») oder der Reflektion über das Buch «Erste Bilder – Erste Wörter». Dadurch wird es schon eine kleine Chronologie des Aufwachsens.

Leo Leowald: Das sind Themen, die sich einfach aufdrängen. Wenn man ein paar Wochen lang an Stück jeden Morgen Fredrik Vahle gehört hat, dann hat man einfach das Bedürfnis, da was zu machen. Das sind Dinge, die einen beschäftigen und Lieder, die man den ganzen Tag vor sich hinsummt und sich dafür haßt. Das muß dann irgendwie raus. Geplant war das nicht, aber es wurde dann schnell klar: Es wird auch eine Art Familienalbum und für mich auch ein Erinnerungsheft.

COMIC!: Wurden alle Strips für das Buch aus dem Internet übernommen?

Leo Leowald: Ja. Ich hatte überlegt, ob ich nachher noch etwas hinzuzeichnen soll, fand aber, daß es authentischer ist, die Sachen 1:1 zu übernehmen. Die Abfolge ist aber nicht chronologisch, sondern hinsichtlich der Lesbarkeit geordnet. Wenn etwas hinzugekommen wäre, dann wäre es ein ganz anderes Buch geworden.

COMIC!: Gab es das Konzept vorher schon? Gab es die Überlegung: Ach, vielleicht sammeln wir einfach alle Strips über Hektor?

Leo Leowald: Nein, eigentlich nicht, denn ich habe mich bei den Strips immer bewußt zurückgehalten und versucht, nicht mehr als nur einen Kinder- bzw. Babystrip pro Woche zu machen. Daß dann da innerhalb von drei Jahren trotzdem mehr als 150 Stück zusammenkommen, ist mir im Nachhinein erst klar geworden. Das war dann das Thema, welches für das zweite Buch am ehesten auf der Hand lag. Obwohl ich nicht unbedingt geplant hatte, ein Babybuch zu machen – sogar eher noch gedacht hatte «Das mache ich nie, das ist ja fürchterlich!» – war das auch ein logischer Schritt. Man weiß gar nicht, wie einschneidend sich das Leben durch ein Kind verändert. Mit Rücksicht auf die Leser die noch keine Erfahrung mit Babys haben, war auch klar, das taucht immer wieder mal auf. Das völlig herauszuhalten aus einem autobiographischen Comic ist nicht möglich, das wäre ein wenig seltsam. Das lag auf der Hand.

COMIC!: Stichwort autobiographischer Comic. Was ist «Zwarwald» eigentlich? Ist es eine humoristische Parallelwelt? Ist es autobiographisch, also die reale Welt, bloß verfremdete Figuren? Wie würde man das «Zwarwald»-Universum beschreiben können?

Leo Leowald: «Dichtung und Wahrheit» ist da der althergebrachte Begriff. Es gibt natürlich oft eine reale Basis. Aber insgesamt besteht «Zwarwald» aus Sachen, die 1:1 dem Leben abgekupfert sind, Sachen, die frei erfunden sind, und allen Mischformen dazwischen. Zusammengehalten wird es – so hoffe ich – durch die Sicht auf die Dinge. Das ist das autobiographische daran. In einem Tagebuch hält man ja auch Stimmungen und Meinungen fest, und so ist auch «Zwarwald» gedacht. Es finden sich Ideen zu Filmen, die nie gedreht, oder Bücher, die nie geschrieben werden. Also Skizzen zu lauter unverwirklichten Projekten, die dann im Strip stattfinden. Das ist der autobiographische Anteil daran.

COMIC!: Die Figuren heißen ja auch anders. Wie geht dein Sohn damit um, Teil eines gezeichneten Universums seines Vaters zu sein?

Leo Leowald: Er fragt schon mal: Papa, warum zeichnest du dich mit Schnabel? Wenn wir zuhause beim gemeinsamen Zeichnen sitzen und uns Geschichten ausdenken, denn unterläuft mir auch schon mal der Schnabel. Die Schnabelfigur hat also schon ein Eigenleben entwickelt.

COMIC!: Wer sind die Schnäbelväter eigentlich? Also die Comic-Väter von «Zwarwald»? Disney, Donald Duck?

Leo Leowald: «Zwarwald» basiert ja auf «Onkel Leowald»1, der natürlich stark von Onkel Donald beeinflußt ist. Ich habe lange überlegt, wie die Hauptfigur in «Zwarwald» aussehen soll, es gab ja diverse Vorarbeiten. Ich fand die leichte Entfremdung durch den Schnabel, die mir ja vertraut war, am passendsten. Dadurch wurde es zu einer Art Mensch, der eine Maske aufhat.

Auf den Geschmack gekommen?
Weiterlesen im COMIC!-Jahrbuch 2010
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www.zwarwald.de
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Burkhard Ihme (Hrsg.)
Oktober 2009
240 Seiten S/W
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