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COMIC!-JAHRBUCH 2010

Der Comic in den Niederlanden
gewinnt an Ansehen

von Rik Sanders
aus dem Holländischen von Mark O. Fischer

Ein nationaler Comicpreis, ein Intendant für Subventionsverteilung und eine Comicausbildung: Das sind die drei langgehegten Wünsche, die für die niederländische Comicwelt endlich in Erfüllung gingen. In den letzten zwölf Monaten wurden noch mehr Meilensteine gesetzt. Das Comicmagazin EPPO tauchte wieder auf, und vom Wochenmagazin Donald Duck erschien eine echte Hochglanzausgabe für Männer.

Es war schon Jahre lang ein Dorn im Auge der niederländischen Comicwelt: Für fast jede kulturelle Ausdrucksform gab es eine staatliche Auszeichnung, außer für die graphische Erzählung. Nach starker Lobbyarbeit, bei der Comiczeichner unter der Führung von Hanco Kolk und Jean-Marc van Tol endlich auf sich aufmerksam machten, sorgte Ronald Plasterk, Minister von Bildung, Kultur und Wissenschaft, für die Einrichtung eines jährlichen Preises, benannt nach Marten Toonder («Ollie B. Bommel en Tom Poes»), dem Paten des niederländischen Comics. Mit der Auszeichnung, die im März 2010 zum ersten Mal überreicht werden wird, ist ein Betrag von 25.000 € verbunden.
Ein anderer Engpaß war das Fehlen von strukturellen Subventionsströmen für Autoren und Organisationen sowie Verlage oder Comicvereinigungen. Es bestanden zwar Regelungen, aber Comiczeichner und Institutionen hatten Mühe, die richtigen Eingänge zu finden. Der Fond für Bildende Künste, Formgebung und Baukunst hat in Rücksprache mit der Comicwelt einen Intendanten eingestellt, der der niederländischen Comickultur in den nächsten Jahren einen extra Impuls über das Aufsetzen eines Programms geben soll.
Eine besonders erfreuliche Tatsache ist der Start einer ersten offiziellen Comicausbildung an einer Hochschule. In niederländischen kulturellen Bildungseinrichtungen wie Kunstakademien und graphischen Schulen ist das Medium Comic immer ein untergeschobenes Kind gewesen. Und wenn es mal eine Initiative gab, wie vor ein paar Jahren mit der Einrichtung der Cartoonschule, dann starb so ein Projekt durch Mißwirtschaft einen schnellen Tod. Hoffentlich geht die Artez Hochschule für die Künste in Zwolle besser mit seiner Studienrichtung Comic Design um und kriegt diese Ausbildung zum Comiczeichner Nachahmer in anderen Akademien.
Ermutigt durch diese organisatorischen Erfolge für den niederländischen Comic gibt es seit Anfang 2009 eine Vereinigung für Comiczeichner, die BNS (Berufsvereinigung Niederländischer Stripmacher). Ziel ist die Durchsetzung der gemeinsamen Interessen dieser durchgängig einzeln operierenden Artisten. Hoffentlich kann die BNS mehr Türen öffnen als sein Vorgänger in den 1970er Jahren, als zur erstbesten seriösen Tagung anderthalb Mann und ein Pferdekopf kamen.


das Comicmagazin EPPO kehrt zurück

Besondere Aufmerksamkeit erregte in den letzten zwölf Monaten die Wiederauferstehung des berühmten Comicmagazins EPPO, das in dem Jahrzehnt zwischen 1975–1985 seine Blütezeit erlebte. Bemerkenswert ist die Redaktionspolitik, vor allem neue Folgen von Serien aus dem alten EPPO zu publizieren, darunter «Storm» (von Don Lawrence und Martin Lodewijk; gegenwärtig gezeichnet von Romano Molenaar und Jorg de Vos), «Agent 327» (Martin Lodewijk), «Franka» (Henk Kuijpers) und «De Partners» (Carry Brugman und Dick Richards = Dick Matena), ergänzt durch aktuelle Arbeiten. Die Zielgruppe ist dann auch die nostalgisch eingestellten Dreißiger und Vierziger, die früher Abonnenten waren. Das Heft läuft mit rund zehntausend Abonnenten und Einzelheftkäufern gut und wird 2010 weiterlaufen. Und das befreit vom Ballast eines Großverlages wie seinerzeit VNU, ein großer niederländischer Verlag, der mit hohen Overheadkosten und scharfen Gewinnmargezielstellungen EPPO herausgab und den Stecker zog, als es finanziell weniger gut lief.


The Duck is hot

Ein anderer Höhepunkt war das im Juni 2009 erschienene Hochglanzmännermagazin Donald. Anlaß war natürlich der 75. Geburtstag von Donald Duck. Da Disney allzuviel nostalgischer Rückschau zuvorkommen wollte, wurde der Vorschlag der niederländischen Redaktion des Wochenmagazins Donald Duck (Verlag Sanoma), ein Männerspecial herauszubringen, enthusiastisch angenommen. Und zurecht: Das Hochglanzmagazin Donald. Het mannenblad van Duckstad, voller Themen wie Sport, Mode, Musik, Kunst, Autos, Kriminalität und schönen Frauen – in Disney-Auslegung – wurde ein durchschlagender Erfolg. Die Medien in den Niederlanden flogen darauf.
Der Unterschied zur letzten Feier – achtzig Jahre Mickey Mouse (1928–2008) – war dann auch riesengroß. Sanoma brachte dazu einen schönen Jubiläumssammelband heraus, genau wie Ehapa in Deutschland, aber das Interesse dafür war mäßig. Die beiden Ausgaben – «Mickey Mouse jaar 80 jaar» und «80 Jahre Micky Maus» – sind übrigens keine Dubletten, sondern ergänzen sich sehr gut. In beiden Bänden sind Comics (keine doppelt!) von Größen wie Floyd Gottfredson, Paul Murry und Romano Scarpa, aber auch von diversen anderen Mickey-Zeichnern. Die Ehapa-Ausgabe hat dabei ein größeres Auge auf die neuen Jahrgänge, während das Sanoma-Album wiederum mehr Comics enthält, mit dabei der biographische Comic über Walt Disney von «Zorro»-Zeichner Carlo Marcello.

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