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COMIC!-JAHRBUCH 2010

Weiterhin flach?
Trickfilm-News

von Heiner Lünstedt

Zwölf Jahre lang hat er (nach seinem Supererfolg «Titanic») keinen Kinofilm mehr gedreht, doch dann erklärte James Cameron plötzlich den 21.8. zum «Avatar»-Tag. Der visionäre Bilderstürmer, dessen Meisterwerk «Terminator 2» auch heute noch nichts von seiner beeindruckenden Wirkung eingebüßt hat, zeigte weltweit in ausgewählten Kinos eine 16 Minuten lange etwas unbeholfen zusammengestückelte Zusammenstellung von ersten Ausschnitten aus seinem neuen Werk «Avatar – Aufbruch nach Pandora». Dieses Filmchen wurde im Real-3-D-Verfahren gezeigt. Der Erfolg von «Avatar» dürfte maßgeblich zur Entscheidung beitragen, ob das Kino der Zukunft flach bleibt oder immer plastischer wird.

»Avatar» spielt in einer 200 Jahre entfernten Zukunft. Die Menschheit ist im All auf der Suche nach neuen Rohstoffen und wird auf dem weit entfernten Mond Pandora fündig. Doch dieser ist vom Volk der Na’vi bewohnt. Hierbei handelt es sich um knapp drei Meter große blauhäutige elfenhafte Wesen. Durch ein Forschungsprojekt wurde die Möglichkeit entwickelt, den Geist von ausgewählten Menschen in die Körper von Na’vi zu versetzen, um deren im Einklang mit der Natur lebende Zivilisation zu unterwandern.
Camerons am Computer erzeugte Fantasywesen sehen nicht nur aus wie altbekannte Fantasywesen, sondern wollen auch nicht so recht zum als Realfilm gedrehten Auftakt passen. Die Erlebnisse der Blauhäuter langweilen schon in den kurzen Trailer-Ausschnitten und optisch geht es keinen Deut beeindruckender zu als in Robert Zemeckis‘ nicht geraden bahnbrechenden Trickfilm «Die Legende von Beowulf». Wenn James Cameron (auch inhaltlich) nicht wesentlich mehr zu bieten hat als die ersten Bilder aus «Avatar» verheißen, dann dürfte es im Kino (auch optisch) weiterhin flach zugehen.

Inhaltlich zwar nicht unbedingt anspruchsvoller aber sehr viel raumfüllender geht es in der für Disney realisierten Jerry-Bruckheimer-Produktion «G-Force – Agenten mit Biss» zu. Der Film erzählt von speziell abgerichteten Meerschweinchen, die im Auftrag des FBI geheime Missionen erfüllen sollen. «G-Force» bietet Action am laufenden Band, parodiert zugleich aber auch (ein wenig) den oft etwas größenwahnsinnigen Stil der Filme des Krawall-Moguls. Was den Film jedoch zu mehr als einer halbwegs unterhaltsamen Angelegenheit macht, ist der Einsatz der 3-D-Technik, die wohl noch nie so vollendet wie hier zu sehen war. Auch die Szenen ohne Spezialeffekte haben eine unglaubliche Tiefe (wozu allerdings die berüchtigte hektische Bruckheimer-Schnitttechnik etwas zurückgefahren werden mußte, denn es dauert immer eine kleine Weile bis sich vor dem Auge des Betrachters die Plastizität einer Szene voll entfaltet). Zusätzlich – und das ist neu! – wurden im unteren und oberen Bereich des projizierten Bildes noch schwarze Balken plaziert. Auf diese scheinbar nicht «bespielten» Bereiche dehnt sich, wenn es besonders rasant zur Sache geht, die Handlung aus. Dadurch wird die Illusion erweckt, daß Figuren oder Gegenstände die Leinwand verlassen, und im wahrsten Sinne des Wortes der Rahmen gesprengt.

Auch Pixar setzt auf 3-D und bringt in diesem Verfahren im nächsten Jahr nicht nur «Toy Story 3», sondern auch plastische Versionen der ersten beiden Filme dieser Reihe in die Kinos. Die aktuelle Produktion «Oben» ist der erste Pixar-Film, der auch in 3-D gezeigt wird. Doch im Gegensatz zum DreamWorks-Trickfilm «Monsters vs. Aliens» gibt es hier keine hektische Plastizitätsorgie mit haufenweise Dingen, die dem Zuschauer anspringen. Die 3-D-Effekt bei «Oben» sind hingen dezent eingesetzt und lenken hierr nicht von der Handlung oder den Hauptfiguren ab.
Es bleibt abzuwarten, ob sich die 3-D-Technik diesmal wirklich durchsetzt oder ob es auch weiterhin nur bei Trick- und Horrorfilme wie «My Bloody Valentine» oder «Final Destination 4» nötig ist eine Spezialbrille aufzusetzen.


Hier Anmerkungen zu ausgewählten Kinotrickfilmen bzw. DVD-Premieren der letzten Monate


Animal Farm – Aufstand der Tiere
John Halas und Joy Batchelor nach dem Buch von George Orwell
Großbritannien 1954, © Winckler Film/RD-DR 1954

Die Tiere der Manor-Farm sind es leid, schlecht behandelt und ausgebeutet zu werden. Daher jagen sie den grausamen Bauern Jones vom Hofe und übernehmen den Laden selbst. Nutznießer der Revolution ist schließlich das Schwein Napoleon. Dieser ergänzt das Motto «Alle Tiere sind gleich» einfach um den Zusatz «... aber einige Tiere sind gleicher». Er verbündet sich mit den Menschen, läßt alle Tiere für sich arbeiten und schafft dadurch noch schlimmere Zustände als zuvor.
1945 erzählte George Orwells («1984») in Form einer Parabel-Fabel eine grimmige Geschichte darüber, wie aus Idealismus schließlich Stalinismus wurde. John Halas und seine Frau Joy Batchelor machten neun Jahre später aus George Orwells Geschichte mit amerikanischen Finanzmitteln, die angeblich teilweise vom CIA kamen, den ersten abendfüllenden britischen Zeichentrickfilm. Das Figurendisign, die hochwertige Animation und teilweise auch der Storyaufbau lassen zwar an Walt Disney denken, doch inhaltlich richtet sich der Film eindeutig an ein erwachsenes Publikum.
Genau wie bei der 1956 entstandenen Verfilmung von George Orwells «1984» wurde das grimmige Ende der Romanversion mit Rücksicht auf ein Familien-Publikum etwas entschärft. Doch insgesamt gelang Halas und Batchelor eine erstaunlich werkgetreue Zeichentrickversion, die endlich auch als ansprechend aufgemachte DVD-Edition mit interessanten Extras vorliegt. In den achtziger Jahren zeichnete Jean Giraud alias Moebius eine etwas schlampige aber sehr werkgetreue Comicversion des Filmes und 1999 entstand – im Stile von «Ein Schweinchen namens Babe» – eine nicht völlig mißlungene TV-Realfilmversion von «Animal Farm».

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