Comicmarkt Frankreich 2007
Eine Kultur im Umbruch

Von Britta Madeleine Woitschig



Numerologie 2007: Die ökonomische Statistik

Zu den Ritualen der frankophonen Comickultur gehört seit 12 Jahren der Bericht über den Markt des vergangenen Jahres, erstellt vom Kritikerverband ACBD1. In einer Pressekonferenz am letzten Werktag des Jahres präsentierte Gilles Ratier, der Generalsekretär des ACBD, das auf prägnante Schlagworte, eindrucksvolle Statistiken2 und Listen verknappte Datenmaterial der Öffentlichkeit. Der diesjährige Report trug den optimistisch vollmundigen Titel «Vielfalt und Vitalität», doch der Blick in die Details enthüllt, daß die kritischen Anmerkungen aus dem Vorjahr berücksichtigt wurden: Während die GfK auf ein eigenes Kommuniqué verzichtete, gingen deren Daten als Referenzquelle in den ACBD-Bericht ein; darüber hinaus wurden Ergebnisse des Marktforschungsinstituts Ipsos herangezogen, dessen Fachblatt für den Buchhandel, Livres-Hebdo, das Äquivalent zum Börsenblatt des deutschen Buchhandels darstellt. Vor dem 35. Comic-Salon in Angoulême im Januar 2008 publizierte Livres-Hebdo einen ausführlichen Artikel über den Comicmarkt («Bande dessinée: La guerre des étals» in #1788, S. 76–84).
Danach wurden 2007 im frankophonen Europa (Frankreich, Belgien, Schweiz) 60.000 Titel veröffentlicht, von denen 4.313 (7,2%) als Comic kategorisiert wurden. Damit erzielte der Handel 6,5% des Umsatzes. Gegenüber dem Vorjahr ist das zwar eine Steigerung um 183 Titel (+4,4%), doch das Wachstum hat abgenommen, denn 2006 betrug die Zunahme 530 Titel (+14,7%). Damit hat sich die Anzahl seit 2000 verdreifacht. Dennoch machten Novitäten mit 3.312 Titeln (76,79%) den Löwenanteil aus. Über das Jahr verteilt sich die Menge der Titel ungleichmäßig. In der Saison vor Weihnachten, also in den letzten vier Monaten, erschienen 1.606 Titel (37,24%) und in den letzten zehn Augusttagen 284 Titel (also deutlich über dem Jahresschnitt von 11,81 Titel pro Tag).
Die Novitäten verteilten sich auf 1.428 asiatische Titel (43,12% von 3.312), auf 1.338 frankobelgische Comics (40,39%) sowie auf 227 amerikanische Comics, sprich Superhelden und Heftserien (6,85%) und 319 graphic novels (9,63%). Außerdem gab es 712 Nachdrucke (16,5%), 204 Artbooks und Bände mit Illustrationen (4,73%) sowie 83 sekundärwissenschaftliche Titel (1,97%).
Unter den frankobelgischen Comics befanden sich 839 klassische Alben (82,66% von 1.0153 ), die sich immer schwieriger eindeutig einem Genre zurechnen lassen. Den größten Anteil machten humoristische Alben mit 324 Alben (31,92% von 839) aus, gefolgt von Fantasy und SF mit 233 Alben (22,96%), historischen Stoffen in 196 Alben (19,31%) und Thrillern in 182 Alben (17,93%).

1 Siehe Liste der Abkürzungen auf Seite 144.
2 Anmerkung: Für mathematisch nicht Versierte errichtet der ACBD-Bericht kaum zu erkennende Hindernisse, denn die Grundlage der jeweiligen Anteile (100% wovon?) springt teilweise innerhalb eines Satzes. Diese folgen rasch aufeinander und beziehen sich wie Katarakte auf Segmente der jeweils vorangegangenen Statistik. Im Fließtext habe ich deshalb die entsprechende Referenzzahl ergänzt
3 Anmerkung: Diese Zahl findet sich leider nicht explizit im ACBD-Bericht, dort ist nur die Rede von «Novitäten [=1338] ohne Manga und Comics, die in Serien erscheinen.»