«Jetzt muß ich alles gleichzeitig machen»
Ein Interview mit dem neuen SPRECHBLASE-Herausgeber Gerhard Förster

Von Heiner Lünstedt


Nach dem Tode von Norbert Hethke hat Gerhard Förster die Herausgabe des Traditionsmagazins DIE SPRECHBLASE übernommen. Während des Comic Salons in Erlangen gelang es mir, aus dem vielbeschäftigten und umtriebigen «Dr. Sammler» an seinem Stand ein paar Antworten herauszuleiern, die später noch per E-Mail ergänzt wurden.

COMIC!: Du hast jetzt zum ersten Mal hier in Erlangen einen eigenen Stand?

Gerhard Förster: Ja, es ist gut, wenn ein neuer Anbieter wie wir in Erlangen präsent ist, und ich freue mich natürlich, wieder die alten Kumpels zu treffen, verkaufsmäßig ist hier aber viel weniger los als auf der Kölner Börse, wo die SPRECHBLASE wegging wie warme Semmeln.

COMIC!: Norbert Hethke hatte es ja hier in Erlangen auch nicht ganz einfach?

Gerhard Förster: Ja, ich erinnere mich, wie er hier einmal ganz einsam und mit trauriger Miene an seinem Stand saß ...

COMIC!: ... und sogar ausgelacht wurde.

Gerhard Förster: Das weiß ich nicht, aber mir war klar, er wird nie wiederkommen. In Köln hingegen war er immer von Leuten umringt und der große Zampano.

COMIC!: Es ist aber sicher für die neue SPRECHBLASE wichtig, daß auch die hier versammelten Comicfans erreicht werden.

Gerhard Förster: Ja, weil wir ein breiteres Publikum als bisher ansprechen wollen. Viele Leute wissen es noch nicht, doch wer die neue SPRECHBLASE liest, merkt, daß es nun z. B. auch um frankobelgische Klassiker geht, nicht nur um die Lehning-Ära, und um vieles mehr. Aber auch Wäscher/Lehning könnte für eine breitere Leserschicht reizvoll sein, denn in unserer SPRECHBLASE erscheinen nicht die typischen Huldigungsartikel von Fans, sondern primär Berichte mit fundierter Hintergrundinformation. Es ist doch z. B. interessant, unter welchen Produktionsbedingungen eine triviale Serie, die jeder kennt, über die aber keiner was weiß, entstanden ist. Wir bringen zudem auch ausführliche Backgroundartikel über klassische TV-Serien. In Nr.211 war «Bezaubernde Jeannie» dran, in Nr.213 folgt «Bonanza». Über «Mit Schirm, Charme und Melone» planen wir natürlich auch was. Auch die Fans von Romanheften werden von uns bedient. Es gelang uns, H.J. Galle, den großen Experten auf diesem Gebiet, für regelmäßige Artikel zu gewinnen.

COMIC!: Ist die Schnittmenge zwischen den Lesern von Comics und Heftromanen wirklich so groß?

Gerhard Förster: Allerdings, auch bei TV-Serien. Ich merke an der Resonanz, daß wir in beiden Fällen ein Vakuum fanden, das gefüllt gehört.

COMIC!: Es ist aber auch wichtig, junge Leser für Comics zu begeistern, oder?

Gerhard Förster: Jüngere. Es würde nur kontraproduktiv sein, wenn wir versuchten, junge Leser, die auf die Art Manga abfahren, die vielen anderen auf die Nerven gehen, zufriedenzustellen. Wenn wir alle glücklich machen wollen, stellen wir am Schluß fest, daß wir gar keine Leser mehr haben. Die Dinge müssen schon zusammenpassen. Doch einen Beitrag über Jiro Taniguchi («Vertraute Fremde») könnte ich mir durchaus vorstellen, sobald die nächste Neuerscheinung herauskommt. Artikel über aktuelle Produktionen passen also sehr wohl ins Konzept, auch weil ein frischer Wind nie schaden kann, doch der Schwerpunkt ist nun mal die Erforschung klassischer Comics. Da gibt’s noch sehr, sehr viel zu entdecken, tolle Sachen!

COMIC!: Ihr habt auch gute Erfahrungen mit dem Internet gemacht.

Gerhard Förster: Ja, unser Sprechblase-Forum auf www.comicguide.net ist ziemlich beliebt. Ich denke, daß dadurch auch neue Leute hinzugewonnen werden. Zum anderen hilft mir das Internet natürlich sehr bei meinen Recherchen, auch wenn der überwiegende Teil der Backgroundinfos immer noch aus papierenen Quellen (vorwiegend aus Italien) oder durch Interviews kommt.