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COMIC!-JAHRBUCH 2008

Alcolix, alte Männer und AEon Flux
Ein Interview mit Jens Jeddeloh

Von Hermann Stange


COMIC!: Dein persönlicher Lieblingsfeind ist der Abgabetermin. Kann das sein?

Jens Jeddeloh: Nicht mehr. Ja, das war mal. Aber ich hab auch festgestellt, daß ich da nicht der einzige bin. Mittlerweile bin ich aber recht gut geworden, was Abgabetermine betrifft.

COMIC!: Na, ich fand das Schicksal deiner Abiturzeitung schon recht bemerkenswert.

Jens Jeddeloh: Du meinst, das hat den Weg gewiesen? Ich hab damals schon viel gezeichnet und habe die Abiturzeitung mitgestaltet, und wir waren da sehr perfektionistisch und wollten was dolles schaffen. Haben wir auch geschafft, nur wurden wir eben nicht zum Abitur fertig, sondern leider erst ein paar Wochen später. Wir mußten die Zeitung also jedem Abiturienten persönlich zustellen ... Das war eine ziemliche Gurkerei übers Land – aber das lag nicht nur an mir! Die anderen waren genauso drauf.

COMIC!: Zeichner warst du jedenfalls schon sehr früh.

Jens Jeddeloh: Ja, das war schon immer mein Ding. Ich hab schon früh während der Schulzeit an der Schülerzeitung mitgearbeitet, ich war schon immer der Zeichner, der auch die Cartoons machen sollte – meine Berufung mußte ich nicht lange suchen, die hatte ich ziemlich schnell.

COMIC!: Und hattest du auch immer schon die Vorstellung, das Zeichnen zum Beruf zu machen?

Jens Jeddeloh: Ja, ich hatte immer vor, Comiczeichner zu werden. In den ZACK-Heften in den 70er Jahren gab’s Leserbriefe, in denen junge Leser gefragt haben: Wie wird man Comiczeichner. Da wurde einem natürlich sofort der Zahn gezogen: Ja, da mach dir man nicht so viel Hoffnung, das ist schon ein sehr steiniger Weg. Aber auch zu der Zeit wußte ich immer schon – das ist mein Ding. Mir war auch klar, daß ich nach dem Abitur eine Ausbildung mache, die in diese Richtung geht.

COMIC!: Du hast dann aber erst einmal eine Ausbildung als Fotograf gemacht. Weil das auch mit Bildern zu tun hat?

Jens Jeddeloh: Mein Vater arbeitete in einer Druckerei und hatte einen Draht zu Grafikern und zur Zeitung, zur NORDWEST-ZEITUNG in Oldenburg – und er wollte nicht unbedingt, daß ich nach dem Abi gleich studiere. Er fand, daß ich erst einmal irgendein Handwerk lernen sollte, da gab es auch gar keinen großen Zwist zwischen uns. Ich wußte schließlich noch gar nicht, wo man das, was ich machen wollte, studieren kann. Allerdings wollte ich auch bei einer Lehre etwas mit Bildern zu tun haben, im weitesten Sinne. Bei den Grafikern, die mein Vater kannte, gab’s aber keine freie Ausbildungsstelle. Bei der NORDWEST-ZEITUNG in Oldenburg wurde dann eine Ausbildungsstelle als Fotograf angeboten, dort hab ich mich beworben. Das Witzige war – ich hab mich als einziger von achtzig Bewerbern nicht mit Fotos beworben, weil ich ja überhaupt noch nie fotografiert hatte, sondern mit Zeichnungen. Ich hatte damals so eine Phase mit hochgradig fotorealistischen Zeichnungen, daran hab ich nächtelang gesessen und ziemlich gepfriemelt – diese Zeichnungen hab ich dann eingereicht, noch ein paar Cartoons dazu. Ja, und damit hab ich die Stelle gekriegt.

COMIC!: Hast du durchs Fotografieren was gelernt fürs Zeichnen?

Jens Jeddeloh: Auf jeden Fall. Ich hab schnell gemerkt, daß das Gucken, das Sehen das Wichtige ist. Und die Umsetzung ist dann die zweite Sache. Ob ich’s mit Fotos mache oder mit Zeichnungen, das ist nicht so weit voneinander weg. Zeichnen und Fotografieren gehen eben zurück auf den selben Ursprung: Man guckt irgendwie durch etwas rechteckiges, beim Fotografieren ist es der Sucher, und wenn ich Comics mache, dann ist das Papier ja meistens auch rechteckig. Irgendwie war das für mich die selbe Basis. Beim Fotografieren hab ich sehr viel über das Sehen gelernt.

COMIC!: Du warst ja als Foto-Reporter unterwegs. Ein wesentliches Erlebnis – für den Kreis Oldenburg wie für dich – war wahrscheinlich das Blutbad in Wardenburg.

Jens Jeddeloh: Ja,das war nicht schlecht ... Na ja, es war ziemlich makaber. Ich hatte Wochenenddienst, und da muß man ja immer in Bereitschaft sein, falls etwas passiert. Ich war auf einer Fete bei Oldenburg und kriegte vom diensthabenden Redakteur einen Anruf: In Wardenburg ist ein Mordfall. Ich bin dann da rausgebrettert – da war so eine Obdachlosensiedlung, wo ein armes Schwein dem anderen mit einem Beil den Kopf abgehackt hatte. Die Leiche war gerade abtransportiert worden, aber es war noch alles ganz frisch. Ich bin dann, nachdem die Polizei weg war, noch einmal ums Haus gegangen, es war auch nicht abgeschlossen, und ich bin eingestiegen – jetzt kann ich’s sagen, ist ja verjährt. Das war schon ziemlich deftig. Da war nur ein Raum, in dem das ganze Leben von so einem armen Kerl gesammelt war – in irgendeiner Ecke lagen Papiere, da war wirklich so ein röhrender Hirsch, auf einen Teppich gestickt, der hing über dem Bett, und in dem Bett war eine Kuhle und in der Kuhle schwamm das Blut. Richtig klassisch, wie man sich das so vorstellt. Das hab ich dann fotografiert und kriegte es auch so in die Zeitung – durch CSI ist so etwas jetzt ja gang und gebe – insofern würde das heute keinen mehr schocken, aber damals war es schon außergewöhnlich. Na ja – ein paar Tage später wurde ich in die Chefetage zitiert und bekam eine Belobigung und eine Prämie von 50 Mark, weil ich so reaktionsschnell gewesen war. Das war doch was.

COMIC!: Das ist eine Kaltblütigkeit, die ich bei dir gar nicht vermutet hätte, Ich erinnere ich, daß ich einmal eine Kettensäge in die Hand genommen habe und kettensägen wollte und du hast dich hinters Haus verdrückt.

Jens Jeddeloh: Ja, weil DU sie betätigen wolltest! Gefährliches Werkzeug in den Händen von kompetenten Leuten erschreckt mich nicht. Aber was die Reportertätigkeit betrifft – ich habe neben solch schrecklichen Dingen und ebenfalls schrecklichen Autounfällen auch die ersten Krokusse im Frühling fotografiert und natürlich die Gruppenbilder bei Karnickelzüchtern.htzig Bewerbern nicht mit Fotos beworben, weil ich ja überhaupt noch nie fotografiert hatte, sondern mit Zeichnungen. Ich hatte damals so eine Phase mit hochgradig fotorealistischen Zeichnungen, daran hab ich nächtelang gesessen und ziemlich gepfriemelt – diese Zeichnungen hab ich dann eingereicht, noch ein paar Cartoons dazu. Ja, und damit hab ich die Stelle gekriegt.

COMIC!: Hast du durchs Fotografieren was gelernt fürs Zeichnen?

Jens Jeddeloh: Auf jeden Fall. Ich hab schnell gemerkt, daß das Gucken, das Sehen das Wichtige ist. Und die Umsetzung ist dann die zweite Sache. Ob ich’s mit Fotos mache oder mit Zeichnungen, das ist nicht so weit voneinander weg. Zeichnen und Fotografieren gehen eben zurück auf den selben Ursprung: Man guckt irgendwie durch etwas rechteckiges, beim Fotografieren ist es der Sucher, und wenn ich Comics mache, dann ist das Papier ja meistens auch rechteckig. Irgendwie war das für mich die selbe Basis. Beim Fotografieren hab ich sehr viel über das Sehen gelernt.

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Burkhard Ihme (Hrsg.)
Oktober 2007
232 Seiten S/W
EUR 15,25
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