Lektüre
 Independent Comic Shop   ICOM-Publikationen   Kostenlos   Fachmagazine   Sekundärliteratur 
Das COMIC!-Jahrbuch | Das ICOM!-Handbuch | Der ICOM!-Ratgeber
FILMRISS | Das verbandseigene Fachmagazin
COMIC!-JAHRBUCH 2008

Comics für alle!
Die Bestseller der Branche

Von Nina Mahrt


Die regelmäßigsten Comic-Leser würden sich wahrscheinlich selbst gar nicht als solche bezeichnen. Das sind nämlich die, die für die neuesten Folgen ihrer Lieblingsserie nicht den Fachhandel aufsuchen müssen, sondern ihre Geschichten täglich oder wöchentlich nach Hause geliefert bekommen: Die Strip-Leser. Rund 26 Millionen Tages-, Wochen- und Sonntagszeitungen werden in Deutschland pro Erscheinungstag verkauft, aber die Zahl der tatsächlichen Leser wird als etwa doppelt so hoch veranschlagt. Und mit Abstand in den meisten Blättern erscheinen Comics, hat sich der Comic doch offensichtlich im Reigen der Zeitungs-Textsorten etabliert.

Da sich Zeitungen in Zeiten abnehmender Leserzahlen neues Publikum erschließen möchten, versuchen sie auch, dieses möglichst früh zu binden. Und so sind die Kinder als Lesergruppe immer stärker in den Fokus geraten. «76 Prozent [der Zeitungen] bemühen sich um die Jüngsten, vorwiegend mit redaktionellen Aktionen wie einer Kinderseite, täglichen Kindernachrichten, Comics oder Vorlesegeschichten», so ergab eine Befragung von Chefredakteuren, die der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) Ende 2006 durchführte. Offensichtlich verstehen auch Zeitungsredaktionen Comics als Einstieg zum «richtigen Lesen», so daß das Bemühen um die Jüngsten dem heimischen Comic-Markt zugute kommt. Besonders beliebt ist in diesem Zusammenhang die Serie «Käpt’n Blaubär», die nach der Erhebung des COMIC!-Jahrbuchs im April und Mai 2007 mit einer Auflage von knapp 2,5 Millionen Drucken jede Woche die unschlagbare Spitzenreiterin in Sachen Bindung junger Leser ist. Aber auch die Zeichner vieler anderer Zeitungsstrips betonen, daß ihr Strip «familientauglich» sei. Die ganze Familie soll darüber lachen können, vielleicht auch sich selbst in den Geschichten und Figuren wiedererkennen.
Als deutscher Strip mit der höchsten Auflage muß mit 3,5 Millionen täglich aber wohl «Lilly», der Strip der BILD-Zeitung angesehen werden. «Nachgetreten» spielt mit etwa 1,5 Million Auflage ebenfalls in der oberen Liga. Dennoch ist der Auflagenspitzenreiter keine deutsche Produktion: «Hägar» deckt mit vielen Regionalzeitungen manche Bundesländer fast komplett ab und bringt es auf 4,8 Millionen Stück – größtenteils täglich.
Das sind Leserzahlen, an die in Verbindung mit anderen Comics meist gar nicht zu denken wäre, und selbst Strips, die nur in einer Regionalzeitung vertreten sind, führen bei vielleicht 50.000 verkauften Stück täglich oder wöchentlich die Bestseller-Listen deutschsprachiger Comics mit an. Zeichner erreichen mit dieser Form der Comics ein ganz anderes und viel breiter gestreutes Publikum und können mit den regelmäßigen Auftritten oft treue Fans gewinnen.
Die Tatsache, daß ihre Strips und Figuren zu einer festen Größe am Tagesbeginn der Leser geworden sind, wird den meisten Comic-Zeichnern erst dann bewußt, wenn etwas nicht wie geplant läuft: Wenn der geliebte Strip einmal ausfällt oder wenn er ganz abgesetzt werden soll. Dann regt sich der Protest der Leser, und Sturmläufe bewirkten schon die Wiedereinführung so mancher Serie.
Was den Lesern an ihren Comics besonders gefällt, wissen die Zeichner oft selbst nicht genau. Denn die meisten Reaktionen kommen dann, wenn es etwas zu kritisieren gibt, während Zufriedenheit den Zeitungsleser eher selten zur Feder treibt. So müssen sich die Macher auf gelegentliche Rückmeldungen verlassen oder, wie Naomi Fearn, «regen Gebrauch von meinen Testlesern» machen.
Leider erscheinen bei weitem nicht alle Zeitungsstrips in gesammelter Form, können sie doch nur so dem Schicksal jedes Zeitungstextes entgehen, am nächsten Tag auf den Müll zu wandern. Dennoch gibt es Leser, die den Comic nicht täglich mit der Zeitung entsorgen, die einige ausschneiden, aufbewahren und Freunden zeigen. Wie ich immer wieder feststelle, zieren ausgewählte Strips manches Büro und manche Wohnung. Wer einen Strip aufbewahrt, fühlt sich von ihm ganz besonders angesprochen, erkennt vielleicht Charakterzüge oder Verhaltensweisen eines Familienmitgliedes oder Bekannten wieder, oder fühlt sich von einer Situation angesprochen, in der er sich auch schon (gelegentlich) befand.

Tabelle der Strips in deutschen Zeitungen mit Vollredaktion

Auf den Geschmack gekommen?
Weiterlesen im COMIC!-Jahrbuch 2008
  Alle Jahrbücher
Comic Jahrbuch 2009
Comic Jahrbuch 2008
Comic Jahrbuch 2007
Comic Jahrbuch 2006
Comic Jahrbuch 2005
Comic Jahrbuch 2004
Comic Jahrbuch 2003
Comic Jahrbuch 2001
Comic Jahrbuch 2000
COMIC!-Jahrbuch 2008
Burkhard Ihme (Hrsg.)
Oktober 2007
232 Seiten S/W
EUR 15,25
BESTELLEN