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COMIC!-JAHRBUCH 2007

Herausragendes Szenario:
«Menschen am Sonntag» von Manuele Fior

Interview von Klaus Schikowski

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COMIC!: Wo bist du aufgewachsen? Erzähle doch bitte, wie das Interesse an Comics bei dir gekommen ist, welche Comics hast du früher gelesen?

Manuele Fior: Ich bin eigentlich überall in Italien aufgewachsen. Geboren in Ravenna, früh nach Apulien um-
gezogen, eine Zeit lang in Sardinien gewohnt ... Mein Vater war Pilot der Luftwaffe, und deswegen war meine Familie immer am ein- und am auspacken.
Das Interesse hat eigentlich mit Zeichentrickfilmen angefangen, denn damals hat das italienische Fernsehen ganz viele japanische Cartoons gekauft, die fand ich in meiner Kindheit ziemlich spannend. Ich war auch sehr begeistert von den Disney-Comics, die in Italien hergestellt wurden. Es gab hervorragende Zeichner wie Romano Scarpa oder Giovan Battista Carpi. Später habe ich mich für die amerikanischen Mainstream-Comics inter-essiert, besonders Spider-Man und X-Men. Ich denke, manche Geschichten davon sind schon wichtige Inspirationen gewesen. Während der Uni habe ich mit der Comic-Welt Schluß gemacht, fast nichts mehr gelesen und kaum gezeichnet. Aber alles hat wieder mit Mattottis «Feuer» angefangen. Dieses Buch hat mich wieder auf die Spur der Comics gebracht.

COMIC!: Was hat dich an Mattotti so begeistert? Eher das Visuelle, oder die Erzählung? Deine Geschichten sind ja doch eher narrativ geprägt.

Manuele Fior: Ich habe bei Mattotti gelernt, wie komplex der Comic sein kann. Viele Autoren und Lesern meinen, daß eine grafische Virtuosität der Geschichte schaden kann. Ich stehe eigentlich dazu, das gilt aber nicht bei Mattotti. Seine Zeichnungen (zumindest die alten Bände) sind für mich nicht nur malerisch, sondern auch von der Erzählweise sehr effektiv und passend zu der Ge-schichte. In «Feuer» kann man die Zeichnung gar nicht von der Erzählung trennen, man könnte sozusagen nicht dieselbe Geschichte mit andere Zeichnungen darstellen oder umgekehrt. Auch ein gutes Porträt erzählt manchmal eine Geschichte. Zeichnen heißt auch Erzählen, und das kann Mattotti wunderbar. Die großen Comic-Autoren wie Pratt oder Crepax haben diese chemische Reaktion zwischen Wort und Zeichnung ebenso geschafft, so daß man die zwei Aspekte nicht mehr voneinander trennen kann.
Abgesehen davon kriege ich immer noch eine Gänsehaut, wenn ich mir Originale von «Feuer» anschaue. Ich weiß nicht, es ist eher emotionaler als rationaler Natur. Schwierig zu erklären, große Kunst halt.

COMIC!: Was waren deine ersten Veröffentlichungen im Comic-Bereich?

Manuele Fior: Meine allererste Publikation war «Giorgio» in PLAQUE 1 – im Avant-Verlag. Der Kontakt zu Hannes Ulrich kam durch einen befreundeten Architekten. Die Kurzgeschichte ist eigentlich eine reine Stilübung. Ich war so geprägt von Mattottis graphischen Experimenten, daß ich nichts anderes sehen konnte. Trotz dieses sichtbaren Einflusses, ist mir die Geschichte immer noch wichtig, sie hat mir geholfen, weg zu kommen von meinem ewigen Skizzieren, Probieren, Wegschmeißen ...

COMIC!: Wie kam dir die Idee zu «Menschen am Sonntag»?

Manuele Fior: Ich wollte einfach meine letzten Momente in Berlin auf Papier bannen, es war fast körperlich, ich habe die letzten zwei Monate in Berlin angefangen zu zeichnen. Ich dachte damals, daß ich nie mehr zurückkommen würde. Ich wollte einfach vermeiden, daß einige Gefühle in der Luft verschwinden könnten. Es ist eine Erinnerung an die Zeit in Berlin.

COMIC!: Warum hast du den Titel gewählt, der ja ein alter Film ist?

Manuele Fior: Ich habe den Film nie gesehen. Mir wurde gesagt, daß er sehr schön photographiert sein soll. Ich mochte einfach den Titel. Er ist, wenn ich es so sagen darf, sehr «italienisch». Ich denke, wenn du den Titel hörst, weißt du gar nicht, was du dir vorstellen sollst. Also sehr generell, umfangreich und ein bißchen poetisch.



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Burkhard Ihme (Hrsg.)
Oktober 2006
232 Seiten S/W
EUR 15,25
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