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COMIC!-JAHRBUCH 2007

«Wir haben immer darauf hingearbeitet, daß der Manga etabliert wird»
Gespräch mit Lars Erbstößer und Steffi Holzer

von Klaus Schikowski

Steffi Holzer und Lars Erbstößer haben den Manga in Deutschland nicht unerheblich gefördert. Denn sie schreiben seit vielen Jahren für Fachzeitschriften, die über Manga und vor allem auch die Anime-Serien in Deutschland Auskunft geben. Schon früh
betreuten sie das bereits seit 1994 existierende deutschsprachige Fachmagazin ANIMANIA. Dieses Magazin war das erste, das sich komplett den
japanischen Manga und Animes widmete. Im Gegensatz zu Veröffentlichungen von telefonbuchdicken Anthologien wie BANZAI! oder DAISUKI, die als Forum für neue Serien genutzt wurden, werden in ANIMANIA hauptsächlich Sachartikel abgedruckt. Diese umfassen dabei den japanischen Lifestyle und die Lebenskultur, allerdings liegt der Schwerpunkt in der Vorstellung von neuen Animes. Nach 39 Nummern trennten sich die beiden von dem Magazin und gründeten 2001 die MANGASZENE. Dieses Magazin ist thematisch ähnlich gelagert, allerdings werden auch japanische Gerichte, TV-Serien, Games oder J-Sounds besprochen – kurz, die komplette japanische Kultur wird abgedeckt. Inzwischen sind von dem Magazin über 30 Ausgaben erschienen. Daneben betreuen die Herausgeber noch den MANGASZENE-Shop und werden demnächst ein Sachbuch über Manga im Carlsen-Verlag veröffentlichen.

COMIC!: Wie seid ihr zum Manga gekommen?

Lars Erbstößer: Angefangen hat das Ende der 1980er, als ich die ersten amerikanischen Import-Mangas in die Hände bekommen habe. «Naisacaä» von Miyazaki war der erste Manga, den ich mir gekauft habe. Damit hat es eigentlich angefangen, obwohl die US-Bände damals schon sehr teuer waren. Dann habe ich so nach und nach alles gekauft, was ich in die Finger bekommen habe.

COMIC!: Hast du vorher schon Comics gelesen? Oder hat der Manga erst deine Comic-Begeisterung geweckt?

Lars Erbstößer: Ich glaube, ich bin erblich vorbelastet. Meine Mutter hat früher die ganzen Micky-Maus–Hefte gesammelt. Sie hat auch wirklich die allerersten Jahrgänge gehabt, bis meine Oma diese dann irgendwann verschenkt hat. (Arrgh!) MICKY MAUS, FIX UND FOXI, YPS und dann die franko-belgischen Funnies «Tim und Struppi», «Spirou und Fantasio». Diese franko-belgischen Sachen habe ich jahrelang exzessiv gesammelt – auch nachdem ich mit den Mangas angefangen hatte. Was ich auch heute noch mache, nur leider erscheint ja nicht mehr so viel wie vor 10 Jahren.

COMIC!: Steffi, wie hat es bei dir mit dem Manga angefangen ?

Steffi Holzer: Ich habe mich bei einem England-Urlaub im Forbidden Planet-Shop in der Oxford Street umgeschaut und habe da die ersten Mangas und Animes stehen sehen. Das waren «Ranma», «Dirty Pair», an Animes vor allem «Project A-ko» und «Urusei Yatsura». Das hat mich unglaublich angesprochen, weil es genau der Zeichenstil war, den ich noch von früher von meinen Lieblingsserien her kannte, also «Heidi», «Pinocchio», «Captain Future», das haben wir ja als Kinder gelebt, gegessen und geschlafen. Nur, daß sich diese Sachen jetzt an ein etwas älteres Publikum richteten. Es war ein wenig, als seien unsere Helden von früher mit uns erwachsen geworden.

COMIC!: Was habt ihr gelernt und wann habt ihr euch entschieden, professionell für den Manga zu arbeiten?

Steffi Holzer: Ich habe Anglistik studiert und hatte eigentlich von vorneherein das Ziel im Hinterkopf, irgendetwas Journalistisches zu machen. Dann habe ich begonnen, mich für Mangas zu interessieren, und mich dadurch verstärkt mit Japan und seiner Kultur beschäftigt, und als ich 1995 die erste ANIMANIA in die Hände bekam, habe ich mich als freier Mitarbeiter beworben – so konnte ich einerseits mein Hobby betreiben und gleichzeitig bereits Erfahrung in der Arbeit für eine Zeitschrift sammeln. Nach anderthalb Jahren freier Mitarbeit wurde ich dann Anfang 1997 fest angestellt.

Lars Erbstößer: Ich bin gelernter Industriekaufmann. Als ich nach meiner Ausbildung 1991 mehrere Monate in Amerika war, habe ich sehr viele Kontakte geknüpft. Durch die vielen Comicshops dort war das wie im Schlaraffenland – in der Zeit habe ich mein Hobby exzessiv ausgelebt. Ich habe viel Manga- und Anime-Merchandise gekauft, das ich später hier auf Comic-Börsen wieder verkauft habe. Das war eine gute Möglichkeit, ein doch nicht ganz billiges Hobby zum Teil aus sich selbst heraus zu finanzieren.
1994 bin ich dann von der Anime Connection of Germany (ACOG) angesprochen worden, ob ich mich in dem Bereich auskenne, weil die gerne ein Magazin herausbringen wollten. Das war auch ausgerechnet auf einer Comicbörse in der Rhein-Mosel-Halle, in der auch später die erste ANIMAGIC stattfinden sollte. Das konnte aber zu dem Zeitpunkt noch niemand ahnen. So war ich bei der ersten ANIMANIA schon dabei. Das war im September 1994. Im Oktober/November habe ich dann angefangen, ganz für die Zeitschrift zu arbeiten. Weil sich die ersten beiden Ausgaben so gut verkauft haben, konnten sie jemand fest einstellen. Da ich mich schon etwas mit Layoutprogrammen und Bildbearbeitung auskannte, wurde ich der Mann für alles.

COMIC!: Wie waren die Anfänge der ANIMANIA?

Lars Erbstößer: Die erste ANIMANIA hatte eine Auflage von 7.000 Exemplaren. Von der Konzeption war es eigentlich mehr eine Zeitschrift über Animes. Auch, weil die ANIMANIA ja von der ACOG ins Leben gerufen worden ist, die damals einen Versandhandel für die ganzen englischen Anime-Titel betrieben hat.

COMIC!: Durch die Zeitschrift kamen auch erste Kontakte unter Liebhabern japanischer Kultur zustande. Könnt ihr darüber was erzählen?

Steffi Holzer: Ein wichtiger Aspekt der Szene war, daß viele Leute wie wir, die sich damals dafür interessiert haben, alleine zu Hause in ihren Kämmerchen saßen und niemanden hatten, der dieses Interesse teilte. Es gab ja noch kein Internet. Durch die Ecke mit den Kleinanzeigen in der Zeitschrift haben sich unglaublich viele Leute gefunden. Es war noch kein so verbreitetes Hobby, also war die Szene von der Größe her noch überschaubar und fast alle standen untereinander irgendwie durch Brieffreundschaften in Kontakt oder kannten sich über gemeinsame Freunde. Das war schon sehr stark vernetzt.



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Burkhard Ihme (Hrsg.)
Oktober 2006
232 Seiten S/W
EUR 15,25
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