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COMIC!-JAHRBUCH 2007

Papiertheater im Schwarzen Turm
Ein Interview mit Michael Möller (Mille) und Stefanie Urbig (Schwarze Katze)

von Burkhard Ihme


COMIC!: Wie kam es zu «Paper Theatre»? Der Verlag Schwarzer Turm stand bisher nicht für Manga.

Mille: Alles begann damit, daß Robi und ich ein ruhiges Wochenende fernab vom Familienstreß auf der Leipziger Buchmesse verbringen wollten und sehr schnell von dem dort grassierenden Manga-Fieber angesteckt wurden.
Robi verpflichtete eine erste Zeichnerin, Caroline Sander (Shu/Miss-Rosentwyg) und auf der Rückfahrt diskutierten wir dann den Plan, eine jährliche Anthologie mit deutschen Mangaka herauszugeben, nach dem Muster von Panik Elektro.

COMIC!: Wie rekrutierte sich die Redaktion?

Mille: Nach der Buchmesse registrierte ich mich sofort bei Animexx, dem großen Manga-Forum, und suchte vor allem im Umfeld der ARS-Künstlergruppe, die uns in Leipzig aufgefallen war, nach Zeichnern, die sich für eine Zusammenarbeit eignen könnten. Und vor allem nach jemandem, der als Herausgeber für die neue Anthologie mitwirken und mir als völligem Manga-Neuling beraterisch zur Seite stehen sollte.
Ungezählte Mausklicks später kam ich dann zu Fahr Sindram (Fahrlight, «Losing Neverland») und konnte sie für die Idee begeistern, und von da an feilten wir in langen nächtlichen E-mail-Sitzungen an der Idee herum.
Mit Hilfe von Bernd Glasstetter und Stefanie «Schwarze Katze» Urbig (inzwischen in so ziemlich allen Bereichen unserer Mangasparte, vor allem aber bei «Paper Theatre», beratend tätig) vom Comicforum richteten wir einen Privatbereich im Turm-Forum ein, der nur für die «Paper Theatre»-Zeichner zugänglich ist. Dank dieser wunderbaren Einrichtung können wir die Entstehung der Mangas von der ersten Idee bis zur fertigen Seite mitverfolgen.
Sehr bald kam mit der «Kulla»-Zeichnerin Anne Pätzke (Trenchmaker) noch eine sehr engagierte treibende Kraft dazu. Mit der 17jährigen Schweizerin Simone Xie (Luriel_X) war die Redaktion dann erst einmal komplett.

COMIC!: Wie werden die Comics angeliefert? Verlaßt ihr euch auf die Kenntnisse eurer Zeichner bzw.der Redaktion in Reprotechnik ?

Mille: Layout und Dateiformate usw. werden von uns vorgegeben. Die fertigen Daten bekomme ich gemailt oder direkt auf den «Paper Theatre»-Server hochgeladen. Da wir bei jedem Arbeitsschritt dabei sind, können wir immer einen Blick darauf werfen, ob z.B. das Layout eingehalten wird. Im Zweifelsfall kann man sich auch schnell mal einen Scan mailen lassen und drüberschaun, ob alles okay ist.

COMIC!: Welche Einflußmöglichkeiten behält sich der Verlag vor? Zum Beispiel beim Lettering.

Mille: Aus der Entstehung der Geschichten halten wir uns fast völlig heraus. Die Zeichner bauen sich ihr Magazin weitgehend selbständig zusammen. Die technischen Vorgaben, was Layout und Lettering angeht, sind dagegen recht streng.

COMIC!: Die ersten ZeichnerInnen hast du anhand von Websites selber ausgesucht. Inwieweit ist diese Aufgabe auf die Redaktion übertragen worden?

Katze: Die «Paper Theatre»-Zeichner werden in der Regel gemeinsam ausgesucht. Jeder Redaktionsmitarbeiter kann Vorschläge machen und dann wird drüber diskutiert. Bisher sind wir damit ganz gut gefahren, haben noch keinen wirklichen Reinfall erlebt.
Bei den anderen Anthologien ist es unterschiedlich. Für «Es war keinmal» existierte von Anfang an ein festes Konzept inklusive Besetzungsliste. Die Zeichner hat Beatrice Beckmann (Cyl) ausgesucht. Später wurden nur noch kleine Änderungen vorgenommen, vorwiegend, weil Leute absprangen.
Auch die Leute für «Angstfabrik» (Arbeitstitel eines Horrorbandes) werden vorwiegend von der Heraus-geberin Annelie Kretzschmar (Gabriel_deVue) ausgewählt.

COMIC!: Läßt sich anhand von Bildergalerien die Befähigung zum Geschichten-Erzählen erahnen (oder sind da ganze Comics zu finden)? Habt ihr euch dabei auch vertan (tolle Zeichnungen, null Erzähltalent)?

Katze: Von Einzelzeichnungen kann man selten wirklich auf das eigentliche Talent schließen. Es gibt Zeichner, die können super PinUps erstellen, versagen aber, wenn es um Dynamik, Seitenaufbau und Erzähltechnik geht. Da kann man wirklich ins Fettnäpfchen greifen, deshalb entscheiden wir immer auf Grundlage von Probegeschichten. Viele Animexx-Mitglieder laden dort auch sogenannte Dôjinshi, also Fanmanga, hoch, da bekommt man einen guten Einblick in ihre Arbeiten und Entwicklung. Oder wir lassen uns Probeseiten schicken.

COMIC!: Baut ihr Zeichner-Autoren-Teams auf? Schreibt ihr auch selber bzw. könntet euch eine solche Zusammenarbeit vorstellen?

Katze: Mille hatte im Forum die Geschichte zu «Lilium Candidum» («Paper Theatre» 1) erzählt, die Elyon Sommer (Hyade) dann gezeichnet hat. Und «Tanzstunde» (ebenfalls «Paper Theatre» 1) wurde von Angelika Diem (Lady Raven) geschrieben, Irene Bressel (Engelszorn) hat dann die zeichnerische Umsetzung übernommen.
Meist schreiben die Zeichner aber ihre eigenen Geschichten. Wir hätten aber nichts dagegen, wenn wir auch einen kleinen Pool von Autoren aufbauen könnten, auf die man zurückgreifen kann. Oft stößt man auf tolle Zeichner, die aber keine längeren Geschichten machen, weil sie mit dem Schreiben nicht klarkommen oder es sich nicht zutrauen.
Wobei der Schreibprozeß für «Paper Theatre» an vielen Stellen auch Gemeinschaftsarbeit ist. Wenn eine Geschichte ins Forum gestellt wird, nehmen alle sie erst mal unter die Lupe. Es werden Vorschläge gemacht, was man verbessern könnte und man erarbeitet gemeinsam eine Endversion.





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Oktober 2006
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