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Burkhard Ihme (Hrsg.)
Oktober 2005
224 Seiten DIN A4, S/W
EUR 15,25
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COMIC!-JAHRBUCH 2006

Der US-Comicmarkt 2005

Von Stefan Pannor und Lutz Göllner


Manchmal ist schon die Veröffentlichung einer Briefmarke wohlmeinenden politisch Korrekten einen Skandal wert. So geschehen im Falle einer Reihe von Sonderbriefmarken, veröffentlicht anläßlich des Jubiläums der mexikanischen Comicfigur Memín. Der ist klein, schwarz und, nun ja, zugegeben, etwas äffisch. Kreiert wurde er vor mehr als 40 Jahren und ist inzwischen eines der mexikanischen Comicmaskottchen. Schwarze Bürgerrechtler in den USA sahen das anders. Während man die Millionen verkaufen Comichefte der letzten 40 Jahre scheinbar nie wahrgenommen hatte, waren die fünf Briefmarken einen Aufstand wert. Weil die Briefmarken grenzüberschreitend seien, geriet Memín zum Politikum. Sogar aus dem Weißen Haus äußerte man sich entsprechend: «Rassistische Stereotype sind beleidigend. Die mexikanische Regierung sollte das berücksichtigen. Solche Bilder haben keinen Platz in unserer Welt», ließ Scott McClellan, Regierungssprecher in Washington, verlauten.
Das ist natürlich absurd. Und man fragt sich: Haben die in den USA eigentlich keine eigenen Probleme?


1. Unser kleines Ghetto: der Direct Market

Haben sie natürlich schon. Die Verkaufszahlen ihrer Comics zum Beispiel. Die sind 2004 zwar gestiegen. Aber signifikant nur im Bereich Manga und nur im Buchhandel. Der Fachhandel dagegen kann zwar immer wieder neue Auflagen- und Verkaufsrekorde vorweisen, stagniert aber andererseits. Klingt paradox, ist aber so.
Zuerst das Grundsätzliche. Der durchschnittliche Preis für ein reguläres Comicheft beträgt inzwischen 2,75$ in den USA – Hefte für 2,25 $ und darunter gibt es praktisch nichts mehr, sieht man einmal ab von Promotional-Issues zu Dumping-Preisen und von den speziell für Kids produzierten und über Supermärkte vertriebenen Comics von Marvel und DC. Das Minimum für ein reguläres Comicheft (32 Seiten, farbig, davon 22 Seiten Comic) liegt demnach bei 2,50 $, das allgemeine Maximum bei 2,99. Mit Ausrissen nach oben, vor allem bei Marvel, die vermehrt Miniserien zu noch höheren Preisen auf den Markt pressen, und natürlich bei den Kleinverlagen.
Gleichzeitig hat vor allem Marvel den Werbeanteil in den Heften drastisch erhöht, so daß die Hefte teilweise mehr als 40 Seiten Umfang haben – bei gleichbleibenden 22 Seiten Comicanteil.
Wie schon in den Jahren zuvor gilt als Bestseller, was mehr als 100.000 Comics pro Ausgabe verkauft. Das schafften im angegebenen Zeitraum durchschnittlich sechs Titel im Monat, mit leichter Tendenz nach unten. Diese Marke wird inzwischen ausschließlich von Marvel und DC erreicht. Ehemalige Bestseller wie z. B. «Spawn» rangieren schon lange unter «ferner liefen». (Die in diesem Kapitel angegebenen Zahlen berufen sich auf die vom US-Vertrieb Diamond herausgegebenen Werte und betreffen nur Comicshops innerhalb der USA und ausschließlich Heft-Verkäufe.)
Wobei das diesjährige Maximum der Bestseller bei acht Titeln über 100.000 Einheiten in einem Monat liegt. Dieser Höhepunkt wurde nur einmal erreicht, nämlich im Dezember – zwei dieser Titel allerdings waren ausgiebig beworbene Serien-Neustarts. Wie unvorhersehbar der US-Comicmarkt hinsichtlich der Verkaufseinheiten ist, zeigte gleich darauf der Folgemonat. Mit nur drei Titeln über 100.000 Einheiten markiert der Januar 2005 den absoluten Tiefpunkt der Bestseller-Titel. Damit ist auch ein Rückschritt zum Vorjahr zu betrachten, als tatsächlich recht stabil stets mindestens sechs Titel über der 100.00er-Marke lagen. Diese Stabilität konnte 2004/ 2005 nicht einmal ansatzweise erreicht werden.
Dafür nahm die Zahl der Top-Bestseller zu. Zwölf Titel knackten im ersten Anlauf die 150.000 Marke (sechs im Vorjahr) und drei sogar die 200.000 Marke. Gerade bei diesen dreien aber ist Vorsicht angebracht: Alle diese Titel wurden in großem Maßstab beworben, sind Teile größerer Events und kamen entweder mit mindestens einem Variant-Cover auf den Markt oder wurden zu Werbezwecken zum Schleuderpreis verkauft. Am schlimmsten ist dabei der Variant-Cover-Boom. Nicht nur praktisch jede neue laufende Serie erhält wenigstens ein Variant-Cover. Auch Ausgaben mitten drin werden zunehmend häufiger damit geschmückt. Ebenso erhält natürlich jede Nachauflage ein neues Cover. Am schlimmsten ist es bei Marvel, die zudem noch den «Directors Cut» erfunden haben. Ausgewählte Comichefte werden wenige Wochen nach Erscheinen in einer um geringfügige redaktionelle Gimmicks erweiterten Fassung zu einem höherem Preis auf den Markt geworfen. Ein paar tausend Sammler finden sich immer, die nicht nur eine, sondern alle Fassungen besitzen wollen.
Wie auch in den Jahren zuvor hatte Marvel auch heuer im Spitzenbereich die Nase vorn. Wenn auch we-niger deutlich als in den letzten Jahren. 36 der absoluten Spitzenverkäufe über 100.000 stammen von Marvel, 30 von DC. Die Topliste der Verkäufe sieht demnach wie folgt aus:


Auf den Geschmack gekommen?
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