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Burkhard Ihme (Hrsg.)
Oktober 2005
224 Seiten DIN A4, S/W
EUR 15,25
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COMIC!-JAHRBUCH 2006

Comic-(Haupt-)Stadt München
Das Comicfest ist tot,
es lebe das Comicfestival

von Heiner Lünstedt


Mit insgesamt zwölf Comicfesten, drei Comicologischen Congressen und zahlreichen weiteren Comic-Aktivitäten steht München bundesweit quantitativ einzigartig da. In diesem Jahr fand das 12. und zugleich letzte Comicfest statt. 2007 ist gemeinsam mit dem Congress eine voraussichtlich Comicfestival genannte Veranstaltung geplant. Hier wäre tatsächlich eine Chance, die schmerzhafte Lücke in den Jahren ohne Erlanger Comicsalon spürbar zu lindern. Doch das ist Zukunftsmusik, hier zunächst einmal ein Rückblick, gelegentlich auch etwas im Zorn.


Die Frühgeschichte

1971 schrieben die Münchner Wolfgang J. Fuchs (siehe das Interview im letztenCOMIC!- Jahrbuch) und Reinhold Reitberger mit ihrem Buch «Comics – Anatomie eines Massenmediums» nicht nur über die Geschichte der Comics, sondern zugleich auch ein Stück (deutsche) Comicgeschichte. Die beiden Autoren sollten danach auch unabhängig voneinander zwei Münchner Veranstaltungen organisieren, mit denen sie die bundesdeutsche Comicszene maßgeblich beeinflußten.

Vom 2. März bis zum 6. Mai 1974 fand im Münchner Stadt-Museum eine große Ausstellung unter dem schlichten Titel «Comics» statt, die Reinhold Reitberger organisierte. Bastei, Ehapa, Kauka und Koralle unterstützen die Veranstaltung. Über die gesamte Ausstellungsdauer präsentierten die Verlage an ihren Messeständen zahlreiche Zeichner wie etwa Jean Giraud oder Eddy Paape. Ausgestellt wurden hauptsächlich stark vergrößerte Comiczeichnungen, während in Glasvitrinen und an den Messeständen der Verlage Originale zu sehen waren. Viele damals noch jugendliche Comicfans wie etwa Ralf Palandt und Gabriel Nemeth erinnern sich gerne an die sehr liebevolle Machart der Münchner Ausstellung, komplett mit der Rakete aus Tim und Struppi sowie Batman-Pappmasken und Comicwundertüten als Geschenken für alle Besucher. Es erschien auch ein Begleitbuch, das sich u.a. mit Themen wie «Spielpädagogik mit Comics» und «Unterrichtsversuche zum Thema Comics» beschäftigte. Die Ausstellung wurden ein großer Publikumserfolg und anschließend auch in Köln, Karlsruhe und Hamburg gezeigt, dort allerdings ohne Verlagsmessestände.

Wolfgang J. Fuchs hingegen organisierte vom 5. bis 8. September 1985 zusammen mit dem Comicsammler Thomas Wirsum in Anlehnung an den ein Jahr zuvor gestarteten Comicsalon in Erlangen die «1. Münchner Comic-Tage». Die Veranstaltung fand im damals gerade frisch eingeweihten Kulturzentrum Gasteig statt. Die etwas klotzige, auch heute noch immer recht sterile und mitunter als «Kulturvollzugsanstalt» bezeichnete Einrichtung sollte den skeptischen Bürgern durch Veranstaltungen wie die «Comic-Tage» schmackhaft gemacht werden. Die «1. Münchner Comic-Tage» präsentierten die Ausstellungen «Prominenz im Comic» und «Merchandise» sowie eine Messe mit «allen wichtigen Comic-Verlagen und Vertrieben». Außerdem gab es an allen vier Tagen ein volles und abwechslungsreiches Programm. So wurde u.a. ein Diavortrag über Carl Barks oder eine Diskussion zwischen der Bundesprüfstelle und Vertretern von Menschenblut veranstaltet. Herbert F. Feuerstein feierte «MAD wird 200»; parallel dazu lief ein interessantes Filmprogramm u. a. mit Zeichentrickklassikern, woran
sich auch beide Kinos des benachbarten Rio Filmpalastes beteiligten. Unter dem Titel «Batman, Beatles, Barbarella» erschien ein Begleitbuch zur Veranstaltung.
Die Veranstaltung fand großen Anklang und wurde auch stark frequentiert (man sprach von 20.000 Besuchern). Wolfgang J. Fuchs wollte die Comic-Tage alle zwei Jahre alternierend mit dem Comic-Salon in Erlangen stattfinden lassen. Doch dem Münchner Kulturreferat war der Comic-Salon kein Begriff, und es sollte schon im nächsten Jahr eine Fortführung geben. Wolfgang J. Fuchs erarbeitete ein Konzept, das mangels Etat nicht verwirklicht wurde. Dieses Spielchen wiederholte sich leider in den nächsten Jahren, und schließlich blieben die «1. Münchner Comictage» auch zugleich die letzten.


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