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Burkhard Ihme (Hrsg.)
November 2004
224 Seiten DIN A4, S/W
EUR 15,25
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COMIC!-JAHRBUCH 2005

Die niederländische Comic-Szene

Von Rik Sanders
aus dem Holländischen von Mark O. Fischer


Niederlande

Endlich erlebte Hollands erstes Comic-Museum seine Premiere. Nach rund zehn Jahren Pläne schmieden, um Geld betteln und politisch streiten öffneten sich die Pforten am 21. April 2004 in Groningen. Für viele eine Bestätigung, daß Comics keine Wegwerfartikel sind, sondern viel mehr kulturhistorischen Wert haben.

Das Herz des Niederländischen Comicmuseums hat die Form eines Labyrinths. Es zeigt den Besuchern in einem Wirrwarr von Räumen ein Panorama von in Holland bekannten Comics. Dabei geht es nicht allein um Klassiker von eigenem Boden wie «Sjors & Sjimmie», «Ollie B. Bommel», «Eric de Noorman» und «Paulus de Boskabouter» (Paulus der Waldkobold), sondern auch um «lebende» Topcomics wie «Franka», «Agent 327» und «Jan, Jans & de Kinderen». Außerdem wurde dort Platz geschaffen für die in den Niederlanden unbestritten goldenen Serien wie «Kuifje» (Tim und Struppi), «Donald Duck» und «Suske en Wiske». Außer diesen zehn Comic-Kabinetten, die laut der Direktion regelmäßig mit anderen Helden aufgefrischt werden sollen, organisiert das Museum zeitgleiche Ausstellungen, Themen-Zusammenkünfte und Lesungen und wird der Geschichte der Niederländischen Bildergeschichte als auch den modernen Entwicklungen wie Webcomics Aufmerksamkeit geschenkt. Die große Frage bleibt natürlich, ob das Niederländische Comicmuseum in der Lage ist genügend Besucher anzuziehen. Die Erfahrung in anderen Ländern lehrt, daß dies noch ein hartes Stück Arbeit ist: Beim Brüsseler Centre Belge de la Bande Dessinée entstanden zum Beispiel finanzielle Probleme und das Wilhelm-Busch-Museum - Deutsches Museum für Karikatur und kritische Grafik in Hannover - hat sich breiter umstrukturieren müssen, um mehr Menschen über den Flur zu kriegen.


Die Comiczeichner

Über die Comicalben, die zwischen Sommer 2003 und 2004 erschienen sind, brauchen wir nicht zu klagen. Namentlich der Verlag Oog&Blik spendierte den Lesern interessante internationale Titel, darunter der überall beweihräucherte Comicroman «Blankets» von Craig Thompson und «Fikser» von Joe Sacco (in Zusammenarbeit mit dem Verlag Atlas), «The Acme Novelty Date Book» (zusammen mit dem kanadischen Drawn & Quarterly) von Chris Ware, «Isaac de Piraat» von Christophe Blain und «Rode Khmer» vom kambodschanischen Zeichner Séra. Der Verlag Sherpa ging das ambitionierte Projekt an, das Gesamtwerk des französischen Comicliteraten Edmond Baudoin zu publizieren, und Silvester brachte unter anderem «Hector Umbra» von Uli Oesterle heraus. Besonders witzig war «Het boek van de zelfmoordkonijntjes» (Das Buch der Selbstmordkaninchen, Verlag Bzztôh) von Andy Riley, auch der britische Gary Larson genannt. Riley macht darin morbide Comics und Cartoons über lebensmüde Langohren.
Auch niederländische Zeichner brachten eine Reihe Produktionen von hoher Qualität hervor. Von Retro-Zeichner Typex zum Beispiel erschien im altmodischen Piccolo-Format der erste Teil der Serie «Wilstra» (Oog& Blik/Boumaar), frei nach den Abenteuern von «Kick Wilstra», dem in den fünfziger Jahren sehr populären Fußballcomic von Henk Sprenger. Diese Nachahmung, die in der Wochenzeitung Vrij Nederland vorabgedruckt wurde, ist ein vaterländisches Familienfeuilleton über die Entwicklungen im niederländischen Zusammenleben seit den dreißiger Jahren. Alex Wesselink und Yke Schotanus machten mit «De comeback van de Fret» (Verlag Silvester) einen Comic über das Comeback eines Rock’n’Roll-Helden, und es erschienen zwei Übersichtswerke von Topzeichnern wie Joost Swarte («Leporello» bei Oog&Blik/De Harmonie) und Peter Pontiac («Dossier X-11», Oog&Blik). Gerrie Hondius («Pindakaas», Oog&Blik) und Barbara Stok («Je geld of je leven» - Dein Geld oder dein Leben, Nijgh & Van Ditmar) ließen außerdem sehen, daß ihre autobiografischen Comicgeschichten nicht an Qualität einbüßen.
Auch gab es einige bemerkenswerte Debüts von Zeichnern, die schon ein paar Jahre dabei sind, aber noch kein offizielles Debütalbum schreiben mochten: Jan Vriends mit «Een avontuur van Janjaap: De pianist/Labyrinth» (ein befremdlicher Funny, Bries), Roelof Wijtsma mit «Getekend» (eine malerische Geschichte über eine Spurensuche in einer Geisterstadt), Mars mit «The girl is mine!» (Pups-, Piß-, Scheiß- und Pimmelwitze, Silvester) und Milan Hulsing mit der Geschichtensammlung «Wat Fred niet wist» (Zone5300/Zet.El).



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