Lektüre
 Independent Comic Shop   ICOM-Publikationen   Kostenlos   Fachmagazine   Sekundärliteratur 
Das COMIC!-Jahrbuch | Das ICOM!-Handbuch | Der ICOM!-Ratgeber
FILMRISS | Das verbandseigene Fachmagazin
  Alle Jahrbücher
COMIC!-Jahrbuch 2009
COMIC!-Jahrbuch 2008
COMIC!-Jahrbuch 2007
COMIC!-Jahrbuch 2006
COMIC!-Jahrbuch 2005
COMIC!-Jahrbuch 2004
COMIC!-Jahrbuch 2003
COMIC!-Jahrbuch 2001
COMIC!-Jahrbuch 2000
COMIC!-Jahrbuch 2005
Burkhard Ihme (Hrsg.)
November 2004
224 Seiten DIN A4, S/W
EUR 15,25
BESTELLEN  
COMIC!-JAHRBUCH 2005

Vom progressiven Alltag der Sondermänner dieser Welt
Ein «Last Exit Frankfurt»-Nachruf auf Bernd Pfarr und Chlodwig Poth

Von Martin Frenzel


Beide gehörten sie zu den herausragenden Meistern der deutschsprachigen Comic- und Cartoon-Zunft, beide sind sie kurz nacheinander im Monat Juli 2004 verstorben. Und doch gelang es Bernd Pfarr und Chlodwig Poth - jeder von ihnen ein herausra-gender Repräsentant der legendären «Neuen Frankfurter Schule» - schon zu Lebzeiten, durch ihr Werk unsterblich zu werden. Ob «Sondermann» oder «Mein progressiver Alltag» und «Last Exit Sossenheim»: all diese Pretiosen der komischen Kunst deutscher Prägung avancierten bereits zu Lebzeiten der beiden Meister zu Klassikern des Genres, die man auch noch in hundert Jahren goutieren wird.

Bernd Pfarr (11.11. 1958- 6.7. 2004)

Bernd Pfarr galt als stiller Meister des skurrilen Comic- und Cartoon-Nonsens für Anspruchsvolle und als «Poet des Absurden», wie die Tageszeitung Die Welt treffend feststellte. «Am liebsten würde ich der ganzen Welt die Wirklichkeit austreiben», machte er sich über zwei Jahrzehnte zum pointenreichen, wortgewaltigen Witzzeichner der Extraklasse.
Pfarr, der am 6. Juli 2004 im Alter von nur 45 Jahren seinem jahrelangen Krebsleiden erlag, gehörte zur allerersten Garnitur der deutschen Comic-Kunst. Seine drei bekanntesten Comic-Serien - nämlich der unvergleichliche Büro-Hengst ohne Eigenschaften namens «Sondermann» (für die Satirezeitschrift Titanic), der Anarcho-Slapstick-Comic «Dulle» (für das Satireblatt Kowalski) und nicht zuletzt sein humoristischer Kindercomic «Alex der Rabe» (für die Kundenzeitschrift der Reformhausläden, den «Neureformkurier») zeigten seine ganze, unverwechselbare Könnerschaft. Es ist nur sechs Jahre her, daß Bernd Pfarr verdientermaßen 1998 auf dem Erlanger Comic-Salon mit Deutschlands Comic-Oskar, dem Max-und-Moritz-Preis 1998 als «Bester deutschsprachiger Comic-Künstler» ausgezeichnet wurde. Pfarr wurde am 11. November 1958 in Frankfurt geboren und kehrte auch immer wieder - obwohl ein großer Südfrankreich-Liebhaber - in seine schöne Altbau-Villa mitten in Mainhattan zurück, wo er mit seiner Frau lebte. Pfarr blieb bis zuletzt ein Weltbürger des Rhein-Main-Gebiets. In den 1970er Jahren gehörte er zu den Pionieren der neuen deutschen Comic-Szene. So zählte er zu den Mitherausgebern des Anarcho-Comix-Magazins Hinz & Kunz. Seine Wurzeln lagen im Comic-Bereich, und das hat Bernd Pfarr - anders als andere Protagonisten der sogenannten Neuen Frankfurter Schule - auch nie verleugnet. In Frankreich oder Dänemark würden Zeichner wie Robert Gernhardt, F. K. Waechter oder Hans Traxler zweifelsohne als Comic-Zeichner firmieren, aber im notorisch comicfeindlichen Deutschland nannte man sich denn doch lieber Cartoonist.
Pfarr studierte an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach.Er zeichnete bald schon für Pardon, später für Titanic, wo er den legendären «Sondermann» zu einem zentralen Wiedererkennungsfaktor dieser Zeitschrift machte, für den stern, das Magazin des Schweizer Tages-Anzeigers» und das inzwischen verblichene zeitmagazin (1994-1999). Überdies publizierte Pfarr seit den 1980er Jahren ein beachtliches Werk an Büchern und Alben - zuletzt erschienen seine Arbeiten in dem rührigen Züricher Verlag «Kein & Aber», dessen Haus-, ja, sogar Leib-und-Magen-Autor Pfarr wurde. Titel wie «Komische Kunst» oder «Wenn Tiere verreisen» mehrten seinen Ruf als Meister des skurril-absurden, feinsinnigen Humors.


Auf den Geschmack gekommen?
Weiterlesen im COMIC!-Jahrbuch 2005