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Burkhard Ihme (Hrsg.)
November 2004
224 Seiten DIN A4, S/W
EUR 15,25
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COMIC!-JAHRBUCH 2005

Der 11. September in US-amerikanischen Superhelden-Comics
Konstruierte Wirklichkeit in gezeichneten Bildern

Von Ralf Palandt


Das Bild von der Welt, das jeder für sich in seinem Kopf hat, wird mitgeprägt von den Bildern, die Medien vermitteln. Nicht nur «reale» Bilder aus Nachrichten und Dokumentationen beeinflussen uns - auch nicht-reale Bilder, wie zum Beispiel Karikaturen, tragen zur Meinungsbildung bei. Und als Teil davon haben auch die Bilderwelten in Comics mehr oder weniger direkten oder indirekten Einfluß auf unsere Einstellungen und Vorstellungen.
Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, Medien reflektiert zu rezipieren, d.h. ihre Rollen und Inhalte zu hinterfragen. Beispiel Irak-Krieg 2003: In den USA gerieten Medien unter wirtschaftlichen und öffentlichen Druck, sobald sie die US-Kriegsbegründung oder die -Kriegsführung hinterfragten oder kritisierten. Deutschen Medien verurteilten diese Einflußnahmen auf die Berichterstattung.


Mythos contra Geschichte

Laut Georg Seeßlen bedingt die Erzählung bzw. Darstellung in Form einer sequentiellen Bilderfolge den Verlust von Wirklichkeit. Inhalt und Form sind beim Comic gezwungenermaßen konstruiert und führen durch Visualisierung und Handlungsablauf automatisch über den reinen Informationsgehalt hinaus zu Bewertungen und Emotionen.
Ein konstruierter Inhalt in einer konstruierten Form ergibt eine konstruierte Wirklichkeit, eine «eigene ästhetische und moralische Welt» 1, die Seeßlen als «Mythos» bezeichnet. Dort fliegt der Außerirdische Superman durch die Luft und die menschliche Ente Donald Duck fährt im Auto durch Entenhausen. In dieser Wirklichkeit kann sich nur zurechtfinden, wer die reale Wirklichkeit außen vor läßt. Man muß sich auf die eigene Wirklichkeit der Welt von Superman oder Donald Duck einlassen. Und dies gilt, so Seeßlen, für das Medium Comic schlechthin. Die Darstellung im Comic kann den Ansprüchen einer historischen Rationalität daher nicht nachkommen.
«Die Kunst der Comics besteht also nicht allein in der ästhetischen Gestalt der Bilder, in der Montage, in der Zuordnung von Bild und Text, in der Erfindung der Fabel und der Konstruktion der Helden, sondern auch in der Schaffung einer je eigenen Mythologie, die sich stets weiterzuentwickeln in der Lage ist, ohne die eigenen Grundlagen aufzuheben.»1
Mythen sind keiner Wahrheit verpflichtet. Darum sind sie dafür prädestiniert, Ideologien zu transportieren. Die Gefahr unterschwelliger Manipulation besteht, wenn Mythen Fiktion mit Realität vermischen, zum Beispiel mit realen Kriegen. Darum eignen sich Comics gut zu Propagandazwecken.
Das auflagenstärkste Comic-Genre in den USA ist das der Superhelden. Dabei handelt es sich um das ewig gleiche Handlungsmuster Gut gegen Böse. Um etwas Abwechslung in die Geschichten zu bringen, sind die Autoren und Zeichner gezwungen, aktuelle Ereignisse einfließen zu lassen. Ein Blick auf die Art und Weise, wie das Thema Krieg ein- und umgesetzt wurde, kann Auskunft darüber geben, wie diese Bilderwelten zu bewerten sind.



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